Lebensmittelpreise steigen weiter – Finanzkapital profitiert gleich dreifach

Wir haben den Kaffee auf!

Wer im August ein Päckchen Kaffee gekauft hat, musste dafür fast zwei Euro mehr hinlegen als vor einem Jahr. Für die Tafel Schokolade waren es 35 Cent mehr. Gurken und Tomaten wurden etwa 30 Prozent teurer gemacht im Vergleich zum Sommer 2024.

Am vergangenen Freitag legte das Statistische Bundesamt seine Zahlen zur Preisentwicklung in Deutschland für August vor. Lebensmittel gehören nach wie vor zu den Waren, die von Monat zu Monat teurer werden. In Erstaunen versetzte die Statistiker und bürgerlichen Medien, dass die Steigerung der Lebensmittelpreise dazu geführt hat, dass die sogenannte Inflationsrate mit 2,2 Prozent im August ihren Jahreshöchststand erreichte. Und das, obwohl die Preise für Benzin und Diesel trotz Ferienzeit im Jahresvergleich leicht gesunken sind.

Insgesamt wurden die Preise für Lebensmittel seit 2020 über ein Drittel erhöht. Über dem Schnitt liegen Käse, Fleisch, Speiseöl, Teigwaren, Obst- und Gemüsekonserven, Fruchtsaft, Schokolade und Kaffee. Nach jedem Supermarktbesuch ist entweder der Geldbeutel oder der Einkaufswagen deutlich leerer.

Begonnen wurde die nicht enden wollende Inflation mit einer Erhöhung der Energiepreise. Wegen des politisch motivierten Verzichts auf russisches Gas zahlen wir heute trotz eines leichten Preisrückgangs in den letzten Monaten fast doppelt so viel wie vor fünf Jahren. In der Folge wurden dann die Lebensmittel teurer. Inzwischen schlägt die Preissteigerung auch bei Dienstleistungen durch. Der Handwerker verlangt 50 Prozent mehr als 2020.

Ein Ende der Preissteigerungen ist nicht in Sicht. Neben den Unternehmen, die die Chance der allgemeinen Preissteigerung nutzen, um zusätzlich Gewinne zu machen, haben auch Schuldner ein Inte­resse an einer hohen Inflation. Denn wenn die Kaufkraft je Euro sinkt, schmelzen real Schuldenberge ab.

Die hohe Inflation kommt den Finanzministern entgegen. Olaf Scholz (SPD) tat als Verantwortlicher genauso wenig dagegen wie sein Nachfolger Christian Lindner (FDP). Und so könnte auch der aktuelle Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) frohlocken, dass der weiter wachsende Schuldenberg ständig weniger „wert“ ist. Gerade erst wurde mit dem Bundeshaushalt eine Finanzplanung vorgelegt, die weitere Schulden für die Aufrüstung vorsieht. Insgesamt sollen in den kommenden Jahren rund 1.000 Milliarden Euro für den Krieg gegen Russland locker gemacht werden.

Dass die bürgerliche Ökonomie vor allem der Verblendung dient, dann aber doch nicht so einfach ist, machte Werner Mussler in der FAZ deutlich. Mit den europaweit steigenden Staatsschulden schnellen auch die Zinsen in die Höhe. Denn die großen Banken und Konzerne sehen nicht gerne zu, wie ihr Kapital entwertet wird. Sie investieren nur dann in Staatsanleihen, wenn die öffentliche Hand für einen ordentlichen Rückfluss sorgt. Deutschlands Schuldenquote wird durch den Einkaufsbummel für den Krieg von 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Richtung der 80er-Marke schnellen. Die jährlichen Zinszahlungen steigen von 4 Milliarden (2021) auf rund 62 Milliarden Euro (2029).

Für Mussler steht die Aufrüstung nicht zur Debatte. Er mahnt deshalb zu Kürzungen und „Sozialreformen“, da die Konsequenzen einer steigenden Inflation „noch schlimmer als jene von Ausgabekürzungen“ wären. Aber auch das ist nur eine Scheinlösung. Solange der katastrophale Kriegskurs nicht beendet wird, zahlt die Bevölkerung die Zeche, während das Finanzkapital gleich dreifach profitiert: von Extragewinnen durch steigende Preise, von boomenden Aktienmärkten im Rüstungssektor und von den Zinsen, die es für seine Unterstützung beim Hochrüsten und Kaputtsparen verlangt.

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"Wir haben den Kaffee auf!", UZ vom 19. September 2025



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