Wüteriche für Wehrpflicht

„Der Friederich, der Friederich, das war ein arger Wüterich“, dichtete schon Heinrich Hoffmann im „Struwwelpeter“. Wen er dabei vergaß: den Roderich. Von „Freiwilligkeit“ oder Beschönigungen wie „Gesellschaftsjahr“ will der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter (CDU) nichts mehr wissen. Die Wehrpflicht muss her.

460.000 Männer und Frauen benötige die Truppe, hatte zuvor Generalinspekteur Carsten Breuer gegenüber „Politico“ verkündet, davon „100.000 (…) sofort“. Kiesewetter nahm den Ball auf. „Angesichts der Dringlichkeit und Bedrohungslage geht es jetzt nur noch mit der Wehrpflicht“, sagte er Ippen.Media – nicht ohne Bedauern, dass es mit der Wehrpflicht für Frauen schwierig werde. Die sehe das Grundgesetz nicht vor und man habe es verpasst, den Passus rechtzeitig zu ändern.

Schon Boris Pistorius (SPD) hat unlängst in seiner Antrittserklärung deutlich gemacht, dass die Betonung beim „zunächst“ freiwillig eingeführten Wehrdienst auf „zunächst“ liege. Sollte man nicht genug Freiwillige gewinnen, müsse eben auf eine Pflicht gesetzt werden. „Es wird ein sinnstiftender Dienst sein“, ergänzte der Minister noch. Die Frage bleibt nur: sinnstiftend für wen?

Auf jeden Fall für das deutsche Rüstungskapital, das vor Dividenden kaum noch laufen kann. Einen neuen Höhenflug erlebte die Kriegsindustrie, als Außenminister Johannes Wadephul in der vergangenen Woche verkündete, dass die Bundesrepublik künftig 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (fast die Hälfte des Bundeshaushaltes) für das Militär ausgeben könnte. Damit sollen die Waffen angeschafft werden, die die zum Kriegsdienst gezwungene Jugend bald bedienen soll. Und wie weit es mit dem Recht auf Kriegsdienstverweigerung im Ernstfall her ist, kann derzeit in der Ukraine beobachtet werden, wo vermeintlich „wehrdienstfähige“ Männer in Busse gezerrt und an die Front verbracht werden.

Höchste Zeit also, dem Friederich, dem Roderich und allen anderen Kriegstreibern in den Arm zu fallen. Wer nicht will, dass er selbst oder seine Kinder im Schützengraben landen, muss sich vernetzen – zum Beispiel beim Festival der Jugend.

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"Wüteriche für Wehrpflicht", UZ vom 23. Mai 2025



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