Sehr unterschiedlich sind die persönlichen Erinnerungen an das Mittagsessen während der Schulzeit. Dabei gehen die Meinungen häufig weit auseinander: Von „Es schmeckte mir immer“ über „Das war schrecklich“ bis zu „Bei uns gab es keine Schulverpflegung“. In der alten Bundesrepublik gab es viele Jahre so gut wie keine Angebote – im Unterschied zur DDR. Seit deren Gründung hatte jedes Kind im schulfähigen Alter ein Anrecht auf Schulessen. Der Staat stellte die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung.

Ende des 19. Jahrhunderts begannen Wohlfahrtsvereine, die Kinderspeisung als soziale Aufgabe zu betrachten, um „Kinder der Armen“ zu versorgen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs ging es darum, die gröbste Mangelernährung zu bekämpfen. Die Briten führten in ihrer Zone ab März 1946 die Verpflegung der Schüler aus Armeebeständen durch. Ex-US-Präsident Herbert C. Hoover empfahl 1947, 3,5 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren in der Bizone täglich mit einer Mahlzeit zu versorgen. Die sowjetische Militäradministration hatte schon 1945 Tagesrationen für Nahrungsmittel festgesetzt. Zwei Befehle der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland sollten das alltägliche Leben in der Sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR nachhaltig beeinflussen: das warme Mittagsessen für die Arbeiter und die Gründung des Instituts für Ernährung und Verpflegungswissenschaften in Potsdam-Rehbrücke. Zahlreiche Schulessen in der SBZ und später in der DDR sind hier „erdacht“ und „erprobt“ worden.
Bereits 1950 hatte der Minister für Handel und Versorgung eine Anordnung zur Schulspeisung erlassen. Schon 1955 wurden höhere Tagessätze verbindlich. 1965 beschloss der Ministerrat der DDR die Verordnung über die Schul- und Kinderspeisung. Sie sah je Teilnehmer 40 Gramm Fleisch oder Fleischwaren, 250 Gramm Obst und Gemüse und 50 Gramm Trinkvollmilch vor. Eine grundsätzliche Evaluierung erfolgte 1975 mit der „Verordnung über die Schüler- und Kinderspeisung“. Die Verordnung von 1975 erweiterte die finanziellen Voraussetzungen, ohne den Kostenanteil der Eltern zu verändern. 1981 wurden über zwei Millionen Essen täglich produziert. Der Versorgungsgrad mit täglicher Frischmilch betrug dabei 66,6 Prozent. Ende der 80er Jahre nahmen nahezu 86 Prozent der Schüler an der Schülerspeisung teil.
Die Speisepläne wurden auf der Grundlage eines „Rezepturenkataloges für die Schülerspeisung“ und unter Berücksichtigung der Verzehrgewohnheiten für einen Zeitraum von vier Wochen aufgestellt und den Schülern wöchentlich zur Kenntnis gegeben. Die Standzeit des Essens von zwei Stunden durfte im Rahmen der Auslieferung nicht überschritten werden. Für die Kontrolle gab es einen Qualitätspass. Die Zusammenarbeit mit den Schuldirektoren und Schülern zur täglichen Qualitätsbewertung war vorgeschrieben. Die geforderte Zusammenarbeit mit den zuständigen Kommissionen der Elternbeiräte orientierte auf die Beratung zu den Speisenplänen sowie auf die Prüfung der Qualitätspässe.
Ganz anders sah es in der Bundesrepublik aus: Die Schulspeisungen in der alten BRD dauerten bis etwa 1950/51. Diskussionen um die ganztägige Schulerziehung inklusive Verpflegung blieben ohne große Ergebnisse. Die Pausenversorgung mit Milch und Süßigkeiten lag in den Händen der Hausmeister, die damit ihre spärlichen Finanzen aufbesserten. Schulverpflegung fand nicht statt: Die Mütter kochten zu Hause für ihre Kinder. Eine Vollverpflegung mit einer warmen Mittagsmahlzeit fand erst mit dem Ausbau der Ganztagsschule eine nennenswerte Verbreitung.
Und heute? Nur rund drei Millionen von über acht Millionen Schülerinnen und Schülern nehmen an dieser oder jener Form der Schulverpflegung teil. Über zwei Drittel der Kinder unter 14 Jahre kommen nicht in den Genuss eines warmen Mittagessens. Ab 2026 gilt nun in der BRD ein Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung in der Grundschule. Ein Rechtsanspruch auf ein kostenfreies Mittagessen besteht nicht, trotz zahlreicher Forderungen aus der Gesellschaft.
Das Berliner Abgeordnetenhaus hat 2019 ein Gesetz zum kostenfreien Mittagessen an den Berliner Grundschulen (Klassen 1 bis 6) verabschiedet – als erstes und bislang einziges Bundesland. Die gegenwärtige Koalitionsregierung hat es wieder auf den Prüfstand gestellt. Das Deutsche Netzwerk Schulverpflegung fordert in einer Petition eine kostenfreie tägliche warme Mittagsmahlzeit für alle Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland. Dies sollte zu einem Grundrecht für alle Kinder erklärt werden, denn täglich kommen drei Millionen Kinder ohne Frühstück zur Schule und über fünf Millionen leben unterhalb der Armutsgrenze.
Dem ist nichts hinzuzufügen, denn so ist die Sache mit dem Schulessen. Meine Erlebnisse an meine Schulspeisung sind im Rückblick schmackhaft, gern erinnere ich mich an die Wurstspirelli, die Gemüseeintöpfe, oder die Soljanka vom Fisch! Guten Appetit!