Fünf Jahre lang hat die britische Gruppe Palestine Action (PA) weltweit von sich reden gemacht: Die Aktivisten griffen regelmäßig militärische Institutionen an, die im Zusammenhang mit Israel stehen, insbesondere Fabriken des israelischen Waffenhersteller Elbit Systems und Stützpunkte der Royal Air Force. Die Bandbreite der Aktionen reichte von Besetzungen über Farbattacken bis hin zur gezielten Beschädigung oder Zerstörung von Mordwerkzeug.
Sie brachten der Gruppe viel Aufmerksamkeit und große Sympathien ein. Zumal sie durchaus Erfolge erzielten: Die Aktionen führten zu Milliarden-Verlusten, mehrere attackierte Standorte wurden geschlossen, und das Finanzunternehmen Barclays kündigte die Zusammenarbeit mit Elbit auf. Sogar vor Gericht konnte PA teilweise Siege verbuchen.
„Terrororganisation“ mit breiter Unterstützung
Am 5. Juli erklärte die Labour-Regierung die Gruppe jedoch zur „Terrororganisation“. Diese Entscheidung stieß auf breite Kritik. Zehntausende Menschen gingen seither wiederholt auf die Straße. Auch die 14 Jahre Haft, die allen drohen, die sich mit „Terrororganisationen“ solidarisieren, schreckten die Demonstranten nicht ab. Laut Amnesty International stieg die Zahl der bei solchen Solidaritätsmanifestationen Verhafteten auf mittlerweile über 2.700 an. Etwa 250 seien bereits angeklagt worden. Angesichts der Tatsache, dass Juristen, Politiker, Menschenrechts-NGOs und UN-Vertreter den Schritt als maßlos verurteilten und unter den tausenden Verhafteten auch Rentner und Nachfahren von Holocaust-Überlebenden sind, scheinen massenhafte Verurteilungen wegen „Terrorunterstützung“ absurd.
Allerdings halten sich die britischen Repressionsbehörden bislang strikt an das „Anti-Terror-Drehbuch“, vor allem, was die inhaftierten PA-Aktivisten angeht. Sie sitzen teilweise seit über einem Jahr in Untersuchungshaft. Seit Anfang November befinden sich acht von ihnen im Hungerstreik. Sie fordern die sofortige Beendigung der Zensur ihrer Kommunikation untereinander, ihre Freilassung auf Kaution, die Rücknahme der Einstufung von PA als „Terrororganisation“ und die Einstellung aller damit zusammenhängenden Verfahren sowie die Offenlegung von Dokumenten und einen fairen Prozess. Obwohl die acht Hungerstreikenden mittlerweile medizinisch behandelt werden und ihre Situation laut Ärzten lebensbedrohlich ist, zeigen sich die britischen Herrschenden unbeeindruckt.
Schikane auch gegen „Ulm 5“
Auch in Deutschland kam es dieses Jahr zu einer Aktion im Stil von PA. Am 8. September drangen fünf Aktivisten in eine Elbit-Fabrik in Ulm ein, richteten dort Sachschaden an, filmten sich dabei und ließen sich anschließend festnehmen. Nach ihrer Verhaftung, so berichten die Aktivisten, wurden sie nahezu nackt in Zellen gesperrt, wo sie 30 Stunden kaum Verpflegung erhielten. Auch ärztlich verordnete Medikamente sollen ihnen vorenthalten worden sein. Sie wurden ohne Rechtsbeistand verhört, und ihr Zugang zu Anwälten wurde teilweise über Wochen versagt. Ähnliches gilt für den Kontakt zu Familienmitgliedern. Bis heute werden Telefonkontakte und Besuchszeiten massiv eingeschränkt. Mehrere der Gefangenen sitzen in Einzelzellen, mit nur einer Stunde Ausgang pro Tag. Die Kommunikation wird vollständig überwacht, und Briefe werden willkürlich zurückgehalten. Wie bei den britischen Aktivisten, so wird auch den „Ulm 5“ eine Freilassung gegen Kaution verwehrt.
Die deutschen Verfolgungsbehörden haben zwar nicht den „Terrorvorwurf“ nach Paragraph 129 a Strafgesetzbuch (StGB) erhoben, aber fast: Sie werfen den Aktivisten vor, eine „kriminelle Vereinigung“ nach Paragraph 129 StGB gegründet zu haben. Bei einer politischen Organisation wurde dieser Vorwurf zuletzt gegen die Umweltaktivisten der „Letzten Generation“ erhoben.









