Auf nach Leipzig!

Erklärung der DKP zur Konferenz der Gesundheitsminister der Länder am 5. Juni in Leipzig

Die Gewerkschaft ver.di ruft für den 5. Juni Beschäftigte und
Auszubildende aus Krankenhäusern, der Altenpflege, Psychiatrie und
Reha zu einer Demonstration unter dem Motto „Mehr von uns ist
besser für alle“ in Leipzig auf. Anlass ist die dort stattfindende
Konferenz der Gesundheitsminister der Länder. Die DKP unterstützt
die Proteste sowie die betrieblichen Kämpfe um mehr Personal und
bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen und die Bündnisse und
Volksbegehren zu ihrer Unterstützung.

Pflegenotstand beenden!

Allein in den Krankenhäusern der Bundesrepublik fehlen 143.000
Pflegekräfte. Von der Altenpflege, der ambulanten Versorgung und
anderen Gesundheitsberufen ganz zu schweigen. Dieser Personalmangel
bedeutet für Patientinnen und Patienten eine schlechte Versorgung
und vermehrte Komplikationen bis hin zum Tod. Etwa 40.000 Menschen
sterben jedes Jahr an Infektionen, die sie erst im Krankenhaus
bekommen haben. Für das Pflegepersonal bedeuten diese Zustände eine
ständige Überlastung bis hin zum Burn-Out. In der BRD gibt es
600.000 Pflegekräfte, die nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten.

Um den Pflegenotstand zu beenden, brauchen wir eine gesetzlich
verbindliche Personalbemessung. Diese muss sich am Bedarf der
Patientinnen und Patienten orientieren. Um diesen Bedarf zu
ermitteln, gibt es bereits ein Instrument – die
Pflegepersonalregelung oder kurz PPR, die bereits von 1993 bis 1996
bundesweit als Gesetz galt. Der Bedarf nach PPR wird heute bereits in
vielen Krankenhäusern automatisch ermittelt. Untersuchungen in
Krankenhäusern in Berlin haben aber gezeigt, dass nicht einmal die
Hälfte des Personals, das nach PPR nötig wäre, tatsächlich
vorhanden ist. Die PPR muss weiterentwickelt werden. Sie ist eine
Möglichkeit, schnell und unkompliziert eine gesetzlich verbindliche
Personalbemessung umzusetzen.

Keine Pflege an der Untergrenze!

Die Gesetze des Bundesgesundheitsministers Spahn verschlimmern die
Lage. Es wurden Personaluntergrenzen eingeführt, die bei der
Personalbesetzung der schlechtesten 25 Prozent der Krankenhäuser
liegen. Nach Schulnoten ist das eine glatte 5! Im Alltag sind die
Untergrenzen schon keine Untergrenze mehr, sie werden zur
Regelbesetzung in den Krankenhäusern. Sie sind ein Anreiz für die
besser besetzten Krankenhäuser Personal abzubauen. Deswegen muss die
Untergrenzenverordnung ersatzlos gestrichen werden!

Keine Profite mit unserer Gesundheit!

Die Einführung des Abrechnungssystems über Fallpauschalen im
Jahr 2002 ist die wichtigste Ursache für die Zustände in den
Krankenhäusern. Das Krankenhaus erhält für jeden Behandlungsfall
eine Pauschale, unabhängig davon, wieviel Pflege und Behandlung der
Patient tatsächlich erhält. Spart das Krankenhaus am Personal,
entlässt es die Patienten frühzeitig und sichert sich
Behandlungsfälle, für die es hohe Fallpauschalen gibt, so macht es
Gewinn. Von 2002 bis 2007 wurden 33.000 Pflegestellen in den
Krankenhäusern abgebaut. Die Verweildauer hat sich von 14 Tagen auf
7,4 Tage fast halbiert. Kinder werden per Kaiserschnitt auf die Welt
gebracht, weil das mehr Geld bringt als eine normale Geburt. Vor
Einführung der Fallpauschale galt das Selbstkostendeckungsprinzips.
Die Krankenhäuser waren verpflichtet wirtschaftlich zu arbeiten,
erhielten aber die Kosten für das Personal erstattet. Mehr als
100.000 zusätzliche Pflegestellen wurden unter diesem
Abrechnungssystem eingerichtet. Deswegen treten wir ein für die
Abschaffung der Fallpauschale und die Wiedereinführung des
Selbstkostendeckungsprinzips!

Gemeinsam für eine gute Gesundheitsversorgung streiten! Bedarfsgerechte Pflege durchsetzen!

Eine gute Versorgung müssen wir erstreiten. Die Charité hat
vorgemacht, wie es geht: Streiks mit Betten- und
Stationsschließungen, um wirtschaftlichen Druck zu erzeugen. Eine
gute Versorgung im Krankenhaus wird auch auf die Altenpflege und
andere Bereiche ausstrahlen. Als Patienten und Pflegekräfte können
und wollen wir nicht länger warten. Deswegen lasst uns gemeinsam für
eine gute Pflege nach Bedarf streiten und den Gesundheitsministern in
Leipzig einen gebührenden Empfang bereiten!

Essen, 15. Mai 2019

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