Nichts ist vergessen und niemand

¡Ay Carmela!

Von Tina Sanders

Das Duo Contraviento und Claudia Lahn erinnern mit einem Liederabend an die Verteidigung der Spanischen Rebublik.

Vor 80 Jahren, im Sommer 1938, begann am unteren Teil des Ebro die letzte Großoffensive der von den Internationalen Brigaden unterstützten Armee der Spanischen Republik. Katalonien erlebte während dieser Entscheidungsschlacht die größte Konzentration an kriegführenden Streitkräften in seiner Geschichte, mit Zehntausenden von Toten. Die zahlenmäßige Überlegenheit der Faschisten brachte schließlich die Entscheidung. Und so endete die Schlacht mit einem Sieg der Franco-Truppen, maßgeblich unterstützt durch die Fliegerstaffeln der deutschen Todesschwadronen der Legion Condor, die zuvor nicht nur Guernica und seine Bewohner in Schutt und Asche gelegt hatten. Diese brutale Niederlage aller fortschrittlichen, internationalen Kräfte war der Vorbote des Zweiten Weltkrieges.

Die MusikerInnen Isabel Lipthay und Martin Firgau (als Duo Contraviento) und Claudia Lahn aus Münster präsentieren mit ihrer multimedialen Revue „Ay, Carmela!“ alte Bilder, Videos und Gedichte, u. a. von García Lorca und Pablo Neruda, sowie Volkslieder aus Spanien und anderen Ländern. In der Zeit des Bürgerkrieges wurden diese umgetextet und waren den Kämpferinnen und Kämpfern um die Republik Trost und Ansporn. Noch heute werden sie in den verschiedenen Sprachen gesungen. So wurden z. B. aus den „Cuatro muleros“, den vier Maultiertreibern, die „Herren Generale“, mit denen natürlich Francos Schergen gemeint waren. Einer der prominentesten Widerstandskämpfer war der spanische Dichter Federico Garcia Lorca, der selbst Liedtexte wie den des alten spanischen Volksliedes und andalusischen Tanzes „Anda Jaleo“ neu formulierte. An ihn erinnert Isabel Lipthay mit ihrem eigenen, anrührenden Text, in dem sie fragt: „Wo bist du, Federico?“.

Außer Gitarren, Cuatro, Cajon und ihren Gesangstimmen verwendet das Künstler-Trio auch Andeninstrumente wie Charango, Quena und Bombo sowie weiteres lateinamerikanisches und afrikanisches Instrumentarium.

Mit der tief ins Gedächtnis der radikalen Linken weltweit gebrannten kollektiven Erinnerung an den spanischen Widerstand gegen den Faschismus – in Bildern, Liedern und Gedichten – nehmen die MusikerInnen Bezug auf die heutige politische Situation: Der Faschismus als äußerstes Mittel zur Rettung bürgerlicher Herrschaft in der Krise ist nicht mehr nur strategische Option in der Hinterhand der Herrschenden. Die Entdemokratisierung schreitet europaweit fort. Die damalige Losung „¡No pasarán!“ („Sie werden nicht durchkommen!“), mit der die legendäre „Pasionaria“, die Kommunistin Dolores Ibárruri, alle demokratischen Kräfte im Herbst 1936 zur Verteidigung der spanischen Republik aufrief, ist angesichts der gefährlichen Rechtsentwicklung so aktuell wie damals. „La Pasionaria“ wie auch die unbekannte spanische Freiheitskämpferin Carmela, der das rhythmische Schlachtlied der 15. Internationalen Brigade gewidmet ist, stehen beispielhaft für die vielen Frauen, die mit dem Gewehr in der Hand oder in Alphabetisierungskursen, in den Frauenorganisationen wie den „Mujeres antifascistas“ oder in den Lazaretten ihren unermüdlichen Beitrag leisteten.

Man kann den KünstlerInnen mit diesem bewegenden wie beeindruckenden Programm nur weiterhin volle Häuser wünschen.

www.contraviento.de

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"¡Ay Carmela!", UZ vom 16. März 2018



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