Die BSW-Fraktion im Brandenburger Landtag setzt seit dem 7. Oktober mit der Ausstellung „Krieg und Frieden“ mit Werken von Hans und Lea Grundig ein Zeichen gegen Kriegstüchtigkeit. Die Empörung im Vorfeld war groß ob der Teilnahme des russischen Botschafters Sergej Netschajew an der Eröffnungsveranstaltung. Presse und politische Konkurrenten ereiferten sich. Der „Tagesspiegel“ machte einen „Eklat“ aus. Die nicht mehr im Landtag vertretenen Grünen zeterten: „Wer in Zeiten eines andauernden Angriffskrieges Vertreter des Aggressors zu offiziellen Veranstaltungen einlädt, verhöhnt die Opfer des Krieges und beschädigt das Ansehen des Brandenburger Landtags.“ Die parlamentarisch ebenfalls nicht mehr vertretene FDP verkündete: „Veranstaltungen im Landtag, die Vertretern von Kriegsverbrechern als Ehrengästen eine Bühne geben, sind für uns unerträglich.“ Auch die CDU reagierte selbstredend empört, der BSW-Koalitionspartner SPD ging auf Abstand.
Ganz anders die Lage tags da-rauf im Deutschen Bundestag in der von Union und SPD erwirkten Aktuellen Stunde „Zwei Jahre nach dem Hamas-Terror und Kriegsbeginn in Gaza – Chance auf Frieden in Nahost ergreifen“. Ron Prosor, Botschafter der israelischen Regierung, gegen deren Regierungschef der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl erlassen hat, wird fraktionsübergreifend von links bis rechts mit Applaus begrüßt. Dass keiner auf die Idee gekommen ist, wenigstens auch den Botschafter der Palästinenser einzuladen, passt zur dann folgenden Debatte, in der nicht ein einziges Mal die Wörter „Genozid“ oder „Völkermord“ fallen.
Während sich die Vertreter der Regierungsparteien dabei überboten, Außenminister Johann Wadephul (CDU) als Weltklassediplomaten zu feiern, schwieg sich „Die Linke“ über die Waffenlieferungen und Doppelmoral der Bundesregierung aus. Bei den Grünen wundert das nicht weiter, hatten sie doch in Regierungsverantwortung Deutschland zum zweitgrößten Waffenlieferanten Israels nach den USA gemacht. Und ginge es nach der AfD, gäbe es für die israelische Rechtsaußenregierung noch viel mehr Kriegsgerät, um Gaza auch wirklich dem Erdboden gleich zu machen.
Die Zuschreibung der Verbrechen tut ihr Übriges: Der 7. Oktober 2023 war „ein Akt unfassbarer Barbarei“ (Johann Wadephul), ein „barbarischer Überfall“ (Markus Frohnmaier, AfD), „entsetzliches Massaker“ (Entwicklungshilfeministerin Reem Alabali Radovan, SPD), „furchtbarer Terrorangriff“ (Katharina Dröge, Grüne), „Terroranschlag“ (Jan van Aken, „Die Linke“), „unvorstellbares Verbrechen“ (Norbert Röttgen, CDU). AfD-Mann Stefan Keuter bekundete, „Israel hat jedes Recht auf Selbstverteidigung“. Und Jürgen Hardt, Außenpolitischer Sprecher der Unions-Fraktion, mahnte, „wir müssen auch Verständnis dafür haben, mit welcher Härte Israel die eigene Existenz verteidigt“. Und weiter: „Wir haben damals bei Al-Kaida und dem IS in Afghanistan hart zugeschlagen, als von den Terroristen in Afghanistan eine Gefahr für die Welt ausging, als Afghanistan ein sicherer Hafen für Terroristen war. Gaza ist seit vielen Jahren ein sicherer Hafen für die terroristische Hamas gewesen (…).“
Und die Palästinenser? Der seit zwei Jahren andauernde Krieg der israelischen Regierung verursache „Leid“ (Luise Amtsberg, Grüne), „unerträgliches Leid“ (Siemtje Möller, SPD) und ist „falsch“ (Katharina Dröge, Grüne). Der Krieg Benjamin Netanjahus gilt ungeachtet der mehr als 60.000 Toten, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, der weitgehenden Zerstörung jedweder Infrastruktur und Gesundheitsversorgung, des Aushungerns der Bevölkerung und immer neuen Vertreibungen weder als „unfassbare Barbarei“, noch als „entsetzliches Massaker“, „furchtbarer Terrorangriff“, „barbarischer Überfall“ oder „unvorstellbares Verbrechen“. Die Verantwortlichen dafür werden im Bundestag noch nicht einmal namentlich benannt. Das Hohe Haus errichtet damit in kollektiver Eintracht eine Brandmauer für die Täter.
Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow („Die Linke“) rief zum Abschluss der Aussprache namens des Präsidiums auf: „Wenn Sie nachher zur namentlichen Abstimmung aus dem Plenarsaal hinausgehen, finden Sie ein paar Meter in der Lobby eine Ausstellung israelischer Kunst, die der Bundestag zum 50. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen angekauft hat. Sie finden eine wunderbare Ausstellung, die gestern eröffnet worden ist, um an den 7. Oktober auch mit Kultur zu erinnern. (…) Ich bitte Sie, eine Gelegenheit zu finden, das Tempelhofer Feld zu besuchen. In dem dortigen Ausstellungszentrum ist gerade die Ausstellung ‚Erinnerung an den Tag, als auf dem Nova-Festival die Musik verstummte‘ zu sehen.“
Die Ausstellung „Krieg und Frieden“ im Brandenburger Landtag ist bis zum 31. Januar 2026 zu sehen. Hans und Lea Grundig gehörten zu den bekanntesten Künstlerpersönlichkeiten der DDR. Von den Nazis als Kommunisten – und Lea Grundig zudem als Jüdin – verfolgt, haben sie ihr ganzes Leben dem Frieden gewidmet. Das Künstlerpaar Grundig schuf ein authentisches Werk, aus dem man viel über die Schrecken des Krieges erfahren und Schlüsse für die Gegenwart ziehen kann.
Weitere Informationen und den Katalog zum Download gibt es auf der Website der BSW-Landtagsfraktion in Brandenburg.