Der „Werte-Westen“ und seine Verbündeten greifen immer häufiger zu offener Piraterie. Jüngstes Beispiel: die Kaperung eines Tankers vor der Küste Venezuelas durch US-Truppen. Zur Begründung hieß es, der Tanker gehöre zu einem „illegalen Netzwerk“ für den Transport von sanktioniertem Öl an „ausländische Terrororganisationen“. Gemeint ist der Iran. Tatsächlich war der Tanker auf dem Weg nach Kuba.
Selbstredend ist Seeräuberei zutiefst illegal und es wird auch dadurch nicht besser, dass Washington einseitig Sanktionen gegen Iran oder Venezuela beschlossen hat. Iran und Venezuela sind souveräne Staaten, deren international garantiertes Recht es ist, Handel treiben zu können, mit wem auch immer sie wollen. Bindende Sanktionen kann nur der UN-Sicherheitsrat beschließen und das ist hier nicht der Fall. Die terroristische Seeräuberei, die Trump-Variante der „Pirates of the Caribbean“, entlarvt ungewollt den wahren, provokativen Charakter der Fahrten von US-Kriegsschiffen durch die Straße von Taiwan, die angeblich zur Aufrechterhaltung der Freiheit der Schifffahrt unternommen werden. Die Aufrechterhaltung der Freiheit der Schifffahrt ist so ziemlich das Letzte, woran die Besatzung des Weißen Hauses ein wirkliches Interesse hat.
Nachdem mindesten 23 „Drogenboote“ versenkt und mehr als 87 Menschen in der Karibik von der US-Küstenwache getötet wurden, haben Trump & Co. offenbar ins einträglichere Seeräuberfach gewechselt. Aber es geht nicht nur um die geraubte Beute, die Piraterie könnte der Auftakt zu dem längst vorbereiteten offenen Krieg gegen das Land mit den größten bekannten Ölreserven der Welt sein.
Die Karibik und das Südchinesische Meer sind aber nicht die einzigen maritimen Brennpunkte. Der Völkermord und die zahlreichen Kriege, welche die Zionisten mit Hilfe der massiven Unterstützung des US-Pentagon losgetreten haben, verwandelten das Rote Meer, den Persischen Golf und das östliche Mittelmeer in ein Aufmarschgebiet der 5. und 6. US-Flotte, immer bereit, jegliche Gegenwehr mit massiver Feuerkraft im Keim zu ersticken.
Angesichts dieser Entwicklung wollte der ukrainische Präsident Selenski offenbar nicht zurückstehen. Seit Mitte der 2010er Jahre gibt es die vom notorisch antirussischen ehemaligen polnischen Präsidenten Andrzej Duda vorangetriebene Drei-Meere-Initiative (3SI). Gemeint sind die Ostsee, Teile des Mittelmeers (Adria, Ägäis) und das Schwarze Meer. Die Initiative konstruiert ein gemeinsames Interesse der Anrainerstaaten, natürlich ohne Russland und Belarus, die eine gemeinsame antirussische Identität begründen soll. Mit der Entwicklung des Ukraine-Konfliktes bekam die Drei-Meere-Initiative einen zunehmend militärischen Charakter. Besagte drei Meere sollten in drei „Mare Nostrum“ der NATO verwandelt werden. Das ukrainische Militär hat daher begonnen – unter dem Beifall der westlichen Medien und mit der üblichen US/NATO-Unterstützung –, Tanker mit kommerziellen Verbindungen zu Russland im Schwarzen Meer zu versenken oder zumindest schwer zu beschädigen. Die 3SI-Meere sollen mithilfe einer, wie es im NATO-Jargon heißt, Anti-Access/Area Denial Strategy (Verwehrung des Zugangs/Verweigerung des Gebiets) für den russischen Handelsverkehr unpassierbar gemacht werden.
Russland muss, wie auch die anderen betroffenen Staaten, auf diese Bedrohung reagieren. Es zeigt sich immer deutlicher, dass Kiews Zugang zum Schwarzen Meer ein nicht zu ignorierendes, unkalkulierbares Risiko bedeutet. Damit rücken die Hafenstädte Odessa und Mykolajiw (Nikolajew) auf der Zielliste des Russischen Generalstabs weiter nach oben, wenn sie nicht ohnehin dort schon waren.


