CDU und SPD fordern Sperrklausel für die Ratsmandate in NRW

Darf’s ein bisschen weniger sein?

Von Uwe Koopmann

Die Macht der Herrschenden muss durch herrschendes Recht gesichert werden. Zu diesem Rechtsbereich gehören die Wahlgesetze, die festlegen, wer ins Rathaus einziehen darf – und wer nicht. Bei den Kommunen gibt es keine Fünf-Prozent-Klausel. Durch die Vielfalt des kommunalpolitischen Engagements sehen sich die „Großen Drei“ (CDU, SPD und Bündnis 90/Grüne erneut beeinträchtigt. Sie fordern in NRW die Hürde. Die könnte bei drei Prozent liegen (SPD, B90/Grüne) oder bei 2,5 Prozent (CDU).

Die DKP Düsseldorf stellt sich dagegen. Für die Bezirksdelegiertenkonferenz stellte sie den Antrag, den Angriff auf das Kommunalwahlgesetz zu verurteilen. Der Antrag im Wortlaut: „Die Bezirksdelegiertenkonferenz (BDK) der DKP Rheinland-Westfalen verurteilt die neuerlichen Angriffe von CDU und SPD sowie nun auch den gemeinsamen Angriff von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf das bestehende Kommunalwahlrecht in NRW. Die DKP fordert, das Kommunalwahlrecht nicht zu beschädigen und keine Prozent-Hürde bei der Vergabe der Mandate einzuziehen.“

In der Begründung heißt es: In NRW gibt es gemäß der Vorgaben des Wahlgesetzes bei der Kommunalwahl keine Prozent-Hürde, so dass die zu vergebenden Mandate dem Stimmenanteil entsprechen können. Durch die Einführung würden alle Stimmen nicht berücksichtigt, die unterhalb dieser Schwelle liegen. Die Sitze würden entfallen und den Parteien zugeschlagen, die oberhalb der Schwelle angesiedelt sind.

1994 hatte der Verfassungsgerichtshof (VGH) den Landtag aufgefordert, die Notwendigkeit der damals bestehenden Fünf-Prozent-Klausel zu prüfen. 1999 wurde die Fünf-Prozent-Hürde durch den VGH abgeschafft, weil sie die Chancengleichheit verletze. Am 13. Februar 2008 erklärte auch das Bundesverfassungsgericht, dass die Fünf-Prozent-Hürde verfassungswidrig sei.

2008 scheiterte der nächste CDU/FDP-Anlauf zur Wiedereinführung vor dem Gericht. Dennoch forderte MdL Hans-Willi Körfgen (SPD) vor zwei Jahren, am 13. August 2013, die Hürde auf drei Prozent oder wenigstens auf 1,5 Prozent zu legen. Um eine verfassungbrechende Mehrheit zu sichern, waren CDU und SPD bereit, sich gegenseitig mit ins Boot zu nehmen.

SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben ihrerseits durch die Fraktionsvorsitzenden Norbert Römer (SPD) und Mehrdad Mostofizadeh (B90/Grüne) am 29. Juni 2015 einen Gesetzentwurf an den CDU-Fraktionsvorsitzenden Armin Laschet geschickt, mit dem die Sperrklausel von fünf Prozent wieder eingeführt werden soll. Die Zustimmung der CDU ist notwendig, weil für die Einführung die Landesverfassung so ausgehebelt werden muss, dass dem VGH die Rechtsgrundlage für seine bisherige Rechtsprechung entzogen wird. Der aktuelle Anlauf zielt auf eine gesetzliche Umsetzung bis zur Kommunalwahl 2019.

Die Kommunalwahlen sind die niedrigste politische Ebene, um Klassenverhältnisse und Klassenbewusstsein bei Wahlen zu spiegeln. Damit sie der Machtsicherung dienen können, müssen „Störfaktoren“ ausgeschaltet werden. Störfaktoren in diesem Sinne sind klassenbewusst in den Rathäusern auftretende kommunistische, linke und fortschrittliche Mandatsträger. Ihre wahlrechtliche Selektierung dient der parlamentarischen Absicherung der herrschenden Klasse. Auch wenn die DKP das politische Primat nicht zuerst und allein in den Rathäusern sieht, darf dieses Kampffeld von der herrschenden Klasse nicht durch legislative Tricksereien in Mitleidenschaft gezogen werden.

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"Darf’s ein bisschen weniger sein?", UZ vom 10. Juli 2015



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