Israelische Kampfflugzeuge greifen syrische Armee an

Diplomatisches Nachbeben

Von Manfred Ziegler

Vier Kampfflugzeuge der israelischen Luftwaffe haben am 17. März Stellungen der syrischen Armee in der Nähe von Palmyra attackiert. Dieser Angriff war nicht der erste, schon mehrmals griff die israelische Luftwaffe in den letzten Jahren Ziele in Syrien an, zumeist in der Umgebung von Damaskus. Beispiele: Ein Angriff im Mai 2013 galt einer angeblichen Waffenlieferung, zwei Angriffe im Dezember 2014 galten Zielen in der Nähe des Internationalen Flughafens von Damaskus. Einen weiteren Angriff gab es im Dezember letzten Jahres und im Januar einen Raketenangriff auf den syrischen Militärflughafen in Mezze.

Offiziell sollen die Angriffe verhindern, dass Hisbollah „moderne Waffen aus dem Iran“ erhält. Der Angriff auf Palmyra zeigt jedoch, worum es wirklich geht. Gerade hatte die syrische Armee den IS aus Palmyra vertrieben – und wird sogleich von der israelischen Luftwaffe attackiert. Damit leistet Israel Schützenhilfe für IS und al-Nusra. Beide terroristische Gruppen gelten für die israelische Regierung als „kleineres Übel“ gegenüber der syrischen Regierung.

Der ehemalige israelische Botschafter in den USA hatte schon im September 2013 in einem Interview mit der „Jerusalem Post“ das Ziel seiner Regierung klar beschrieben: Die größte Gefahr für Israel sei die strategische Achse von Teheran nach Beirut und Damaskus. Syrien sei ein Kernelement dieser Achse und deshalb müsse Assad gehen. Die islamistischen Gegner der Regierung seien dagegen ein kleineres Übel.

Anders als frühere israelische Angriffe führte der letzte zu einem militärischen und diplomatischen Nachbeben. Zunächst wehrte die syrische Luftabwehr den Angriff offenbar erfolgreich ab. Ob dabei tatsächlich ein israelisches Flugzeug abgeschossen wurde, wie die syrische Armee behauptet und die israelische dementiert, lässt sich nicht klären. Auf jeden Fall traf Syrien einen Nerv. Der israelische Verteidigungsminister Lieberman erklärte, Israel werde die syrische Luftabwehr zerschlagen, wenn sie sich noch einmal gegen israelische Angriffe wehren würde. Und mehr noch: die israelische Luftverteidigung setzte zum ersten Mal ihre modernste Waffe gegen die syrischen Raketen ein, eine sehr ungewöhnliche Aktion.

Das russische Außenministerium bestellte den israelischen Botschafter ein, um den Angriff zu erklären. Und obwohl Russland gute Beziehungen zu allen Seiten der Konflikte im Nahen Osten sucht, betonte der Außenminister der Russischen Föderation, die Übereinkommen mit Israel würden nicht an Worten gemessen, sondern an Taten.

Die Russische Föderation hat eine Reihe von modernen Luftabwehrsystemen in Syrien installiert. Damit sollen nicht nur die russischen Militäranlagen in Tartus vor Luftangriffen geschützt werden, sondern alle russischen Soldaten, die in Syrien aktiv sind. Und gerade am Ort des israelischen Angriffs in Palmyra sind russische Einheiten zur Minenräumung im Einsatz.

Damit gewinnt der Angriff auf Palmyra eine ganz neue Dimension. Israel zeigt, dass es sich auch durch die Anwesenheit russischer Soldaten nicht von Angriffen abhalten lassen wird. Und allen Abkommen zum Trotz wird die Russische Föderation keine Angriffe auf ihre Soldaten hinnehmen.

Immer wieder verletzt die israelische Luftwaffe die Souveränität des Libanon oder Syriens. Wiederholte Proteste der syrischen Regierung bei den UN bleiben ohne Folgen. Die USA und die Golfstaaten wissen die Unterstützung Israels im Kampf gegen die syrische Regierung zu schätzen.

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"Diplomatisches Nachbeben", UZ vom 31. März 2017



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