Luftfahrt: Union Busting mit Staatsauftrag

Drei Tarifkämpfe

In der Luftfahrt kämpfen die Beschäftigten in drei Tarifrunden um mehr Lohn. Das betrifft das Bodenpersonal der Lufthansa, die Beschäftigten der Luftsicherheit und die Beschäftigten der Mitteldeutschen Flughafen AG.

Bei der Lufthansa geht es um knapp 25.000 Bodenbeschäftigte – darunter Mitarbeitende an Schaltern, in der Flugzeugabfertigung und im Frachtbetrieb. Sie arbeiten bei verschiedenen Konzerngesellschaften wie der Lufthansa AG, Lufthansa Technik oder Lufthansa Cargo. ver.di fordert 12,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro monatlich. Davon ist die Lufthansa bisher weit entfernt, weshalb in der letzten Woche gestreikt wurde. An den Lufthansa-Standorten Frankfurt am Main, München, Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln und Stuttgart legten die Beschäftigten ganztägig die Arbeit nieder. Da alle Bodenbeschäftigten – von der Wartung bis zur Passagier- und Flugzeugabfertigung – zum Warnstreik aufgerufen waren, kam es zu Flugausfällen und Verzögerungen. Laut ver.di wäre dieser Streik nicht nötig gewesen, wenn die Lufthansa den Bodenbeschäftigten die gleichen Erhöhungen zugestanden hätte wie anderen Beschäftigtengruppen im Konzern. „Dazu gab es am Verhandlungstisch jedoch keine Bereitschaft“, so ver.di-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky.

Auch in den laufenden Tarifverhandlungen zwischen ver.di und der Mitteldeutschen Flughafen AG (MFAG) konnte bislang nach zwei Verhandlungsterminen keine Annäherung erreicht werden. Es geht um etwa 1.400 Beschäftigte an den Flughäfen Leipzig und Dresden. Ende Januar waren sie zu einem 30-stündigen Warnstreik aufgerufen. Sie kämpfen für eine tabellenwirksame Erhöhung von 650 Euro für alle Beschäftigten. Darüber hinaus fordert ver.di die Zahlung einer „Inflationsausgleichsprämie“ in Höhe von 3.000 Euro an alle Beschäftigten, Änderungen bei der Vergütungsstruktur sowie eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung um 200 Euro.

Die Verhandlungen mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDSL) gingen letzte Woche in die vierte Runde. ver.di fordert hierüber höhere Löhne für die rund 25.000 Beschäftigten im Luftsicherheitsbereich, ebenfalls ohne Ergebnis. ver.di hatte zuletzt am 1. Februar an mehreren Verkehrsflughäfen zu ganztägigen Streiks aufgerufen. Die Gewerkschaft fordert 2,80 Euro mehr Lohn pro Stunde, höhere Funktionszulagen und Mehrarbeitszuschläge ab der ersten Überstunde bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten. Die Verhandlungen sollen am 21. Februar in Berlin fortgesetzt werden.

Ein Mitgliedsunternehmen der BDSL geht derweil mit Union-Busting-Methoden gegen die Beschäftigten vor. ver.di-Sekretär Özay Tarim wies Anfang der Woche darauf hin, dass der Deutsche Schutz- und Wachdienst (DSW) Betriebsversammlungen behindere. Beim DSW handele es sich um einen Vertragspartner des Staates, der seit der Auftragsübernahme zur Durchführung der Fluggastkontrollen am Flughafen Düsseldorf im Juni 2020 Konflikte schüre. Tarim beklagt, dass das Bundesinnenministerium tatenlos zusehe, wie DSW die Rechte der Beschäftigten verletze. „Betriebsversammlungen werden von der Unternehmensleitung bewusst gestört und sogar als Propagandaveranstaltungen bezeichnet“, so Tarim. Dem Betriebsrat gegenüber habe die Niederlassungsleiterin eine Teilnahme an der Betriebsversammlung nur unter der Bedingung in Aussicht gestellt, wenn der zuständige ver.di-Gewerkschaftssekretär vom Betriebsrat nicht eingeladen werde. Zudem sei Beschäftigten die Teilnahme an Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit untersagt worden.

Der Betriebsrat hat deshalb beim Arbeitsgericht wiederholt Klage eingereicht. Mit Erfolg: Sowohl die Teilnahme des „Arbeitgebers“ an der Betriebsversammlung als auch die Teilnahme der Beschäftigten während ihrer Arbeitszeit konnten durchgesetzt werden. Die Niederlassungsleiterin hatte laut ver.di vor Gericht behauptet, die Beschäftigten hätten kein Interesse an einer Betriebsversammlung. Nun versucht DSW, mit einer sogenannten Mitarbeiterversammlung nach fast vier Jahren Dialogbereitschaft zu signalisieren. Doch eine solche Mitarbeiterversammlung wird vom Unternehmen einberufen, die Gewerkschaft bleibt außen vor. Dazu komme, dass diese laut ver.di eine „auffällige zeitliche Nähe zur Betriebsversammlung des Betriebsrats“ aufweisen und somit „eindeutig als Gegenveranstaltung“ zu verstehen seien.

„Diese Gesetzesverstöße finden allesamt unter der Flagge des Staates statt und trotzdem dürfen solche Dienstleister mit öffentlichen Aufträgen Profit machen“, kritisiert ver.di-Sekretär Tarim.

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Über den Autor

Lars Mörking (Jahrgang 1977) ist Politikwissenschaftler. Er arbeitete nach seinem Studium in Peking und war dort Mitarbeiter der Zeitschrift „China heute“.

Mörking arbeitet seit 2011 bei der UZ, zunächst als Redakteur für „Wirtschaft & Soziales“, anschließend als Verantwortlicher für „Internationale Politik“ und zuletzt – bis Anfang 2020 – als Chefredakteur.

 

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"Drei Tarifkämpfe", UZ vom 16. Februar 2024



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