Keine sozialistische Utopie

Von Andreas Grimm

Veranstaltung zur Oktoberrevolution statt. Der äußerst gut besuchte Abend in der Friedenau wurde von der DKP, der Kommunistischen Partei Griechenlands KKE und der Türkischen Kommunistischen Partei TKP veranstaltet. Neben Liedern von Ernst Busch und Brecht-Texten hielten Vertreter der veranstaltenden Parteien Reden, in denen die Verknüpfung der Lehren aus der Oktoberrevolution mit der heute unter den Kommunisten diskutierten antimonopolistischen Strategie hergestellt wurde.

Der türkische Genosse erinnerte an die Gründung der TKP 1920 in der sowjetischen Stadt Baku. Bei der Gründung der türkischen Republik und im Krieg gegen die imperialistischen Aggressoren wurden die türkischen Genossen von der Sowjetunion weitreichend unterstützt. Die neoliberalen, faschistischen und von religiösem Fanatismus gekennzeichneten Strukturen der heute unter der AKP-Regierung stehenden Türkei können nicht durch Reformismus beseitigt werden, sondern nur durch die Herrschaft der Arbeiterklasse.

Ebenso verdeutlichte es der griechische Genosse mit Bezug auf verschiedene bürgerliche und opportunistische Kräfte, die den „unmittelbaren Ausweg aus der Wirtschaftskrise und der volksfeindlichen Politik“ verhießen, in Wirklichkeit aber lediglich bürgerliche Ablenkungsmanöver zur Bewältigung revolutionärer Bestrebungen waren. Die Syriza-Regierung mutierte schließlich zu einer „klassischen bürgerlichen Partei“, „die alle Leitlinien der Industriellen, der Reeder, der Bankiers, der EU und der NATO umsetzt, die insgesamt gegen das griechische und andere Völker wirken“. Es gilt, die Arbeiterbewegung wieder aufzubauen sowie den Aufbau der kommunistischen Partei in den großen Betrieben zu fördern.

Hauptredner Hans-Peter Brenner wies im Zusammenhang der gemeinsamen Organisation dieses Abends durch die drei KPs auf die „sich verbessernde praktische Zusammenarbeit verschiedener KPs auf deutschem Boden“ hin. Die Grundbedingung des Siegs der Oktoberrevolution sei eine starke einheitliche kommunistische Partei mit einer festen Verankerung in der Arbeiterklasse. Er verwahrte sich gegen die Bezeichnung der Oktoberrevolution als „utopisches Sozialmodell“, wie sie in den bürgerlichen Medien, aber auch von Wladimir Putin geringschätzig bezeichnet wird.

Der Rote Oktober „basierte auf den sehr konkreten Grundforderungen der russischen Werktätigen, des einfachen russischen Volkes“ und war nicht „die Verwirklichung einer abstrakten Idee, sondern notwendig für die Sicherung der wichtigsten Lebensinteressen der Werktätigen und der Arbeiterklasse“, wie Brenner verdeutlichte. Sie war zudem Vorbild für viele andere Länder und Antrieb zur Gründung kommunistischer Parteien, so auch der KPD in Deutschland wie der an diesem Abend vertretenen griechischen und türkischen KPs.

Brenner verwies schließlich auf die aktuelle Strategiedebatte innerhalb der DKP. Anhand des Leitantrags zum 22. Parteitag wird diesbezüglich innerhalb der antimonopolistischen Strategie auch die Frage nach kurz-, mittel- und langfristigen Bündnispartnern gestellt.

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Über den Autor

Andreas Grimm (Jahrgang 1972) hat Philosophie und Germanistik studiert und eine zeitlang als Lehrer gearbeitet.

Seit 2016 schreibt er Artikel in der UZ, vornehmlich Kulturkolumnen, und wirkt in der Redaktion der Stuttgart links, der Zeitung der DKP Stuttgart, mit. Aufgrund verschiedener musikalischer, belletristischer und schauspielerischer Tätigkeiten in den letzten 30 Jahren fühlt er sich vor allem dem kulturellen Metier verpflichtet. Zurzeit absolviert er ein Fernstudium in Journalismus.

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"Keine sozialistische Utopie", UZ vom 17. November 2017



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