Zu den Friedensverhandlungen in Istanbul

Lüge und Desinformation

Nein, Russlands Präsident Wladimir Putin ist am 15. Mai nicht in die Türkei geflogen, um an den Gesprächen zur Regulierung des Ukraine-Konflikts teilzunehmen. In den Medien des deutschen Mainstreams löste das einen Sturm der Empörung aus. Putin kneift, ist das einhellige Urteil. Russland will keinen Frieden!

„Die Ukraine ist verhandlungsbereit, Russlands Stuhl am Verhandlungstisch bleibt als einziger leer“, behauptete das Auswärtige Amt in einem Beitrag auf X. An der Nachricht stimmte einfach nichts. Sie war reine Propaganda und Desinformation. Die russische Delegation war bereits am Vorabend in Istanbul eingetroffen. Sie wartete seit 10 Uhr am Vormittag auf ihre ukrainischen Gesprächspartner, um 16 Uhr war von den ukrainischen Unterhändlern weit und breit noch nichts zu sehen. Die Journalisten vor Ort sprachen bereits vom „Waiting Game“ der Ukraine.

Damit wiederholen sich die Geschehnisse vom Februar 2022, als wenige Tage nach Beginn der militärischen Spezialoperation in der Ukraine russische Diplomaten in der weißrussischen Grenzregion Gomel auf ihre ukrainischen Kollegen warteten, um eine Verhandlungslösung zu finden. Die Ukraine ließ sich schon damals reichlich Zeit. Eine Verhandlungslösung wurde damals übrigens gefunden, dann allerdings, wie zuvor bereits Minsk 2, vom Westen sabotiert.

Das Problem der Ukraine ist, dass sie von ihren westlichen Partnern schlecht beraten wird. Ihre Situation verschlechtert sich nach jedem geplatzten Kompromiss. Jedes Mal wird der Ukraine versichert, die mit Russland erzielte Übereinkunft sei unannehmbar. Deshalb werde man sie weiter finanziell und mit Waffenlieferungen unterstützen, damit sie die Situation zu ihren Gunsten wenden kann. Geklappt hat das bisher nie. Im Gegenteil – die Ukraine ist inzwischen de facto militärisch und wirtschaftlich am Ende.

Das weiß man auch in den Schreibstuben des deutschen Mainstreams. Dass man dort das Verbreiten von Propaganda über den journalistischen Aufklärungsauftrag stellt, sagt viel über den Zustand der Medien. Statt dem eigenen Publikum zu erklären, wie solche Verhandlungen in der Regel ablaufen, züchtet man Hass, indem man Forderungen stellt und Erwartungen weckt, von denen jeder Redakteur weiß, dass sie sich nicht erfüllen werden. Man leistet in Deutschland weder politisch noch medial einen Beitrag zur Lösung des Konfliktes, sondern bleibt der Konfrontation verpflichtet.

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"Lüge und Desinformation", UZ vom 23. Mai 2025



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