In Astana wurde über die Zukunft Syriens verhandelt

Mediator Russland

Von Manfred Ziegler

In der Vergangenheit war die Hauptstadt von Kasachstan allenfalls bekannt als Namensgeberin für ein – umstrittenes – Profi-Radteam. Seit dem 23. Januar ist Astana bekannt als die Stadt, in der die Vertreter der USA bei Syrien-Verhandlungen in die zweite oder dritte Reihe verbannt wurden. Die Federführung lag bei den Vertretern der Russischen Föderation.

Nach der Befreiung Aleppos gab es eine Zusammenarbeit zwischen der Türkei und der Russischen Föderation – in Absprache mit dem Iran –, die zu einem begrenzten Waffenstillstand in Syrien führte. Er galt für die syrische Armee und ihre Verbündeten auf der einen Seite und diejenigen bewaffneten Gruppen, die die türkische Regierung beeinflussen konnte, auf der anderen. Bei den Verhandlungen in Astana sollte dieser Waffenstillstand gestärkt und durch technische Übereinkünfte gefestigt werden. Es ging also in erster Linie nicht um politische Lösungen oder gar eine Übergangsregierung.

Die Verhandlungen in Astana haben einige Ergebnisse gebracht. Auf technischer Ebene war es offenbar möglich, Gebiete unter Kontrolle von al-Nusra und IS abzugrenzen von Gebieten, für die der Waffenstillstand gilt. Das soll den Boden bereiten, damit die Verhandlungen in Genf produktiver fortgesetzt werden können. Wobei der Verhandlungsführer der bewaffneten Gruppen, Mohammed Alloush, nach wie vor den Rücktritt des syrischen Präsidenten verlangt.

Zwei Entwicklungen in Astana sind bemerkenswert. Der Iran ist nun auch offiziell eine der Garantiemächte des Waffenstillstands und überwacht die Einhaltung des Waffenstillstands gemeinsam mit der Türkei und Russland. Damit ist Alloush mit seinem Versuch gescheitert, den Einfluss des Iran zu beschränken. Aber vor allem: Die Russische Föderation hat den Entwurf einer neuen syrischen Verfassung vorgelegt.

Offiziell wurden in den Entwurf Vorschläge aller beteiligten – Regierung, Opposition, Regionalmächte – eingearbeitet und am Ende werden die Syrer über ihre zukünftige Verfassung entscheiden. Vieles im Entwurf, den das Außenministerium in Moskau vorlegte, sind papierne Erklärungen, wie sie in vielen Verfassungstexten stehen. Hervorzuheben ist, dass Syrien nicht mehr als „Arabische Republik Syrien“ bezeichnet wird. Das stärkt die Position der kurdischen Minderheit in Syrien. Die Möglichkeit eines Föderalismus jedoch wies der syrische Vertreter bei den Verhandlungen auf einer Pressekonferenz zurück. Es könne nicht sein, dass eine einzelne Gruppe einen Kleinstaat gründe und das Ganze dann Föderalismus nenne. Letztlich könne nur die Abstimmung aller Syrer darüber entscheiden.

Die oppositionelle Strömung „Den Staat aufbauen“ (Louay Hussein) sieht das Ergebnis von Astana überwiegend positiv und erkennt darin sogar eine klare Aussage zum Ende des bewaffneten Kampfes um die Macht. Quadri Jamil von der Partei Volkswille, der enge Beziehungen zu Moskau unterhält, erklärte, dass bei weiteren Verhandlungen in Genf alle Delegationen direkt miteinander verhandeln müssten.

Moskau hat schon seit Beginn des Konflikts die Zusammenarbeit mit syrischen Oppositionsgruppen gesucht. Mit dem Entwurf einer syrischen Verfassung positioniert sich Russland nun zunehmend als Mediator, der einen Interessenausgleich für alle Seiten sucht. Anders als im Westen nach der Befreiung Aleppos erwartet, betont Außenminister Lawrow erneut: „Es gibt keine militärische Lösung für den Konflikt.“

Ob die USA unter ihrem neuen Präsidenten das auch so sehen? Seit Trump das Pentagon aufforderte, einen Plan vorzulegen, wie „Schutzzonen“ für syrische Flüchtlinge eingerichtet werden könnten, ist eine Zusammenarbeit mit Russland wieder offen. Die Regierungen der Türkei und Katars haben den Vorschlag von „Schutzzonen“ sogleich begrüßt. Außenminister Lawrow wirkt deeskalierend und hofft, Schutzzonen würden nur mit Zustimmung der syrischen Regierung eingerichtet.

Auch die Aufforderung Trumps, das Pentagon solle „innerhalb von 30 Tagen“ einen Plan vorlegen, wie IS bekämpft werden könne, schafft womöglich mehr Konflikte, als sie zu lösen vorgibt. Schließlich hatte sich das Pentagon bisher immer gegen eine Zusammenarbeit mit der russischen Luftwaffe ausgesprochen.

Außenminister Lawrow hat inzwischen die Untätigkeit der UN kritisiert. Seit April letzten Jahres gab es keine Gespräche in Genf, die nächste Verhandlungsrunde ist erneut verschoben. Wenn sie stattfinden, werden die Pläne der USA zum Kampf gegen IS klarere Konturen angenommen haben. In die zweite Reihe wird sich Trump nicht widerspruchslos zurückstufen lassen.

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"Mediator Russland", UZ vom 3. Februar 2017



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