UN-Vollversammlung stimmt gegen Blockade – sozialistische Karibikinsel trotzt Hurrikan

Nicht allein

Kuba kämpft sich nach dem verheerenden Tropensturm Melissa zurück in den Alltag. Im Osten der Insel beginnen die Aufräumarbeiten. Spezialeinheiten evakuieren abgeschnittene Dörfer und die am stärksten betroffenen Regionen. Dächer werden geflickt, Leitungen repariert, Trümmer geräumt. Straßen und Brücken werden wieder passierbar gemacht. Hilfslieferungen aus aller Welt lindern die schlimmste Not. Erneut zeigt sich: Die Insel steht nicht allein. Viele Länder geben nun etwas von der Solidarität zurück, die sie einst selbst durch kubanische Katastrophenhelfer, Mediziner und Lehrer erfahren haben.

Während die Vereinten Nationen, UNICEF, Solidaritätsorganisationen und zahlreiche Regierungen Lebensmittel, Trinkwasser, Medikamente, Kleidung und Treibstoff schicken, um die Opfer des Hurrikans zu unterstützen, hält das reichste und mächtigste Land des Kontinents unbeirrt an seiner seit 63 Jahren bestehenden Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade gegen Kuba fest. Am selben Tag, an dem der zerstörerischste Wirbelsturm der vergangenen Jahrzehnte die Insel traf, erklärte der frühere Sicherheitsberater Donald Trumps und heutige UN-Botschafter Michael Waltz, Washington werde die Forderung von 165 Staaten nach einem Ende der Sanktionen weiterhin ignorieren.

Der als „Falke“ geltende Republikaner bezeichnete die UN-Sitzung als „politisches Theater“, bestritt die Existenz einer umfassenden Blockade seines Landes gegen Kuba und wies Kritik daran als „Propaganda“ zurück. Zugleich behauptete Waltz, die bestehenden „Maßnahmen“ dienten dem Wohl der kubanischen Bevölkerung – sie sollten ihr den Weg zu einem „Regimewechsel“ ebnen, den er verharmlosend als „notwendigen politischen Wandel“ beschrieb. Von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen erwarte Washington daher, sich der Stimme zu enthalten oder gegen die Resolution zu stimmen. In den Wochen zuvor hatte die US-Regierung mehrere Länder schriftlich unter Druck gesetzt, die von Kuba eingebrachte Resolution abzulehnen.

Dennoch verurteilten die meisten Redner in der UN-Generalversammlung die Blockade als Hauptursache für den täglichen Mangel in Kuba. 29 der 33 lateinamerikanischen Staaten erklärten ausdrücklich ihre Solidarität mit der sozialistischen Inselrepublik. Mexiko erinnerte daran, dass Sanktionen gemäß UN-Charta ausschließlich durch den Sicherheitsrat verhängt werden dürfen – die US-Blockade sei daher völkerrechtswidrig. Mehrere UN-Botschafter bezeichneten deren Fortsetzung als grobe Missachtung der Vereinten Nationen. China sprach von „brutalen kolonialen Praktiken“ der USA und kündigte – ebenso wie Russland – an, die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Kuba auszubauen. Vertreter afrikanischer und asiatischer Staaten dankten Kuba zudem für seinen Einsatz für den Multilateralismus, für medizinische Hilfe und Bildungsprogramme.

Trotz massiven Drucks, Erpressungsversuchen und Drohungen Washingtons bleiben die USA mit ihrer Blockadepolitik international isoliert. An der 33. Abstimmung über die von Kuba eingebrachte Resolution zur Beendigung der Blockade beteiligten sich 184 der 193 Mitgliedstaaten; neun Länder hatten kein Stimmrecht. Mit 165 Stimmen für Kuba und nur sieben Gegenstimmen fiel das Ergebnis erneut eindeutig aus. Zwölf Staaten, darunter die EU-Mitglieder Polen, Estland, Lettland und Litauen, enthielten sich. Wie die Nachrichtenagentur Reuters feststellte, konnten die USA bei der Abstimmung „keinen entscheidenden Einfluss ausüben“. Neben Israel, das die US-Position seit Jahren zuverlässig unterstützt, fanden sich lediglich fünf weitere Regierungen auf Washingtons Seite.

Wie erwartet gesellten sich die rechten Regierungschefs und Trump-Bewunderer Javier Milei (Argentinien), Santiago Peña (Paraguay) und Victor Orbán (Ungarn) sowie Nordmazedonien zu den Unterstützern der Sanktionen. Keine Überraschung war auch das Votum von Kiews UN-Vertreter Andrij Melnyk zugunsten der USA. Der ehemalige Botschafter in der BRD, ein bekennender Anhänger des ukrainischen Nazikollaborateurs Stepan Bandera, warf Kuba vor, russische Truppen offiziell mit Söldnern zu unterstützen. Unmittelbar nach der Abstimmung kündigte seine Regierung an, ihre Botschaft in Havanna noch in diesem Jahr zu schließen. An der weltweiten Ablehnung der Blockade ändert das indes nichts.

Doch auch dieses eindeutige Abstimmungsergebnis dürfte vorerst kaum mehr als ein symbolisches Signal bleiben – Washington ignoriert seit Jahrzehnten die Beschlüsse der Vereinten Nationen.

„Der Hurrikan Melissa war ein sichtbarer Feind aus Regen und Wind, dem man ausweichen konnte“, schrieb das Onlineportal „Cubadebate“ Anfang November. „Die Blockade hingegen ist unsichtbar – ein Parasit im Blutkreislauf der Wirtschaft, der Krankenhäuser erstickt, Regale leert und die Quellen der Hoffnung verstopft, mit mehr Wucht als jeder tropische Wirbelsturm. Und dieser andere Hurrikan, der der wirtschaftlichen Erstickung, dauert an – trotz des weltweiten Widerstands dagegen.“

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"Nicht allein", UZ vom 7. November 2025



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