Protest gegen Kriegsmanöver „Red Storm Bravo“ in Hamburg

Nicht an den Krieg gewöhnen

Emmy Thoms

Mit dem Manöver „Red Storm Bravo“ in Hamburg sollte die Akzeptanz für die Aufrüstungspläne in der Bevölkerung erhöht werden. Aber auch die Gewöhnung an das Militärische im öffentlichen Raum und die Vorbereitung auf Verzicht – zum Beispiel auf Grundrechte – waren beabsichtigt. Wenn auch versucht wurde, viele Übungsteile außerhalb von Wohngebieten durchzuführen: Die zahlreichen Hubschrauberflüge, Schießübungen und die nächtliche Fahrt der Militärkolonne durch das Stadtgebiet blieben keinesfalls unbemerkt. Drei Tage zivil-militärischer Ausnahmezustand, medial vorbereitet und begleitet, der natürlich nicht ohne Antwort blieb.

Auf der einen Seite: Bundeswehr, Reservistenverbände, Blaulichtorganisationen, Hafenbehörde, Hafenlogistik, Blohm & Voss, Airbus, Krankenhäuser und die Agentur für Arbeit. Auf der anderen Seite hieß es am ersten Tag des Manövers: „Hamburg pfeift aufs Militär – Rote Karte für Red Storm Bravo“, mit rund 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Maßgeblich organisiert wurde der Protest von Friedensinitiativen aus verschiedenen Hamburger Stadtteilen und dem Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung e. V. Inhaltliche Schwerpunkte der Kundgebung waren die mit dem Manöver im ideologischen Zusammenhang stehende Zwangsmaßnahme der drohenden Wehrpflicht, die Bedeutung des Manövers für die Militarisierung der Gesellschaft, die Gewöhnung an Krieg, und was wir dagegen tun können.

Die erste Hälfte der Kundgebung wurde von Jugendorganisationen und -gruppen gestaltet, die sich im Bündnis „Nein zur Wehrpflicht Hamburg“ zusammengeschlossen haben. In den sehr klaren und kämpferischen Beiträgen ging es um den Kampf gegen die Wehrpflicht, „Bundeswehr raus aus den Schulen“, „Keine Militarisierung der Hochschulen“, kein Sterben für ihre Kriege. Es wurde auch erläutert, was es genau bedeutet, wenn durch die Anwendung des aus der Schublade geholten Arbeitssicherstellungsgesetzes von 1968 Zwangsarbeitsverpflichtungen umgesetzt werden. Das bezog sich auf den Teil des Manövers, der durch Mitarbeitende der Arbeitsagentur ausgeführt wurde.

Aufgelockert wurden die kurzen Beiträge durch Musik des Liedermachers Claus Vaith, einer szenischen Aufführung frei nach Tucholskys „Preußenhimmel“ und dem wiederholten gemeinsamen Zeigen der Roten Karte für „Red Storm Bravo“.

Die zweite Hälfte der Kundgebung wurde durch einen Beitrag aus der Friedensinitiative Hamburg-Süd eingeleitet. Begonnen wurde mit einem interaktiven Frage- und Antwortspiel, im Sinne von „Ein unbekanntes Flugobjekt! Wer hat es in die Luft gebracht?“ – der Chor antwortete: „Putin!“ Weitere Fragen schlossen sich an: zur gesprengten Gaspipeline, zu Stromnetzstörungen, zu Sabotage im Betrieb. Der dann folgende Beitrag betonte auch den Zusammenhang zwischen Kriegsvorbereitung nach außen und dem Abbau sozialer Rechte und demokratischer Errungenschaften im Inneren. Er schloss mit dem Satz: „Krieg wird nicht zwischen Völkern geführt, sondern zwischen oben und unten“.

Zwei Berichte aus den vom Manöver direkt betroffenen zivilen Bereichen, die dem Militärischen untergeordnet werden, kamen aus dem Hafen und dem Gesundheitswesen. „Sprecht mit euren Kolleginnen, lasst uns dafür sorgen, dass keine von uns alleine steht, wenn sie Nein! sagt“, hieß es.

Die Friedensinitiative Altona (Fried:A) wies zusammen mit jungen Feministinnen auf den Zusammenhang zwischen der Dämonisierung eines äußeren Übeltäters, der vermeintlich alternativlosen Militarisierung und der notwendigen Überwindung der Vereinzelung hin, um gegen die Hochrüstung zu kämpfen.

Ein besonderes Beispiel schilderte eine Vertreterin der Alraune gGmbH, eines gemeinnützigen Trägers für soziale Stadtteilarbeit, Integration und Bildung. Sie schilderte eindrücklich die Situation in einem Stadtteil, in dem Menschen aus aller Welt leben, von denen nicht wenige Kriegstraumata erlitten haben. Aus dieser Perspektive heraus kann und darf es nicht um Krieg und Kriegsvorbereitung, sondern muss es um Konfliktbearbeitung, Dialog und Frieden, um Sicherheit für alle gehen.

Kein Manövertag ohne Protest
Im Anschluss an diese Auftaktkundgebung vom 25. September wurden an den beiden Folgetagen des Manövers weitere Protestaktionen in der Stadt mit jeweils über tausend Teilnehmenden durchgeführt.

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