Zu „Der Corona-Abschluss der IG Metall“, UZ vom 29. Mai

Offensiv Gegenhalten

Thomas Mehner, Krefeld

Ich bin kein Gewerkschaftsgegner, sondern seit 41 Jahren Metaller und war Betriebsrat bei einem Automobilzulieferer. Aber was ich derzeit von der IG Metall hören muss, macht mich wütend. Dieses penetrante „Wir alle zusammen“. Aus allen Ecken und Spalten nähert sich Volksgemeinschaftsdenken. Solidarität, eigentlich kämpferischer Zusammenhalt der Arbeitenden, degeneriert zu unterwürfiger Sozialpartnerschaft: Denn unser aller Ziel muss es ja sein, „die Wirtschaft“ wieder ans Laufen zu kriegen. (…) Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmensleitungen, Vertrauenskörpern und Betriebsräten wird gelobt wie nie, es geht ja darum, die Produktion mit etwas mehr Alibi-Hygiene wieder aufzunehmen. Die Produktionsstopps, suggeriert die IGM, waren eine Folge der Epidemie, der „Corona-Krise“, nicht etwa der anschwellenden Kapitalismus-Krise. (…)

Der Tarifvertrag spricht da Bände: Vorauseilende Unterwerfung. Vor den tatsächlichen Gefahren werden die Augen fest verschlossen: Abwälzung der Krisenlasten auf die Bevölkerung, verschärfte Prekarisierung, ungeheure Belastung der Steuerzahler, also unserer Zukunft, eine ungeahnte Privatisierungswelle, Demokratieabbau, gleichzeitig Ausbau von Rüstung und Militär. Forderungen? Abwehrkämpfe? Fehlanzeige. 1914 nannte man das Burgfrieden. 1933 Volksgemeinschaft. Ab den 1960ern Sozialpartnerschaft. 2020 heißt das dann Solidarität. Pure Demagogie. Das dürfen wir Kommunisten nicht mal ansatzweise mittragen, hier müssen wir offensiv gegenhalten.

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"Offensiv Gegenhalten", UZ vom 12. Juni 2020



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