Betr.: „Denn ohne Kampf ist kein Leben“ zu Käthe Kollwitz, UZ vom 7. Juli, Seite 11

Plus und Minus

Von Peter Wilke, Düsseldorf

und „Neo Rauch – alles hängt mit nichts zusammen“, Seite 13

Gefreut hat mich der sehr sorgfältige und einfühlsame Beitrag von Eva Petermann zu Käthe Kollwitz‘ 150. Geburtstag. Er wird dem Anspruch gerecht, den Käthe Kollwitz selbst an jede ihrer Arbeiten stellte: „sie müsste gut sein, d. h. streng gearbeitet, ohne Schluderei.“ Interessant in diesem Zusammenhang, dass sich Kollwitz über die Kritik an ihrem Werk „Trauernde Eltern“ in der „Roten Fahne“ ärgerte, weil das Zentralorgan der KPD daran „die Antikriegsgeste“ vermisste. Danke Eva Petermann für den Beitrag!

Minus jedoch für den Beitrag von Jürgen Meier zu Neo Rauch. Der ist schludrig gemacht und abfällig in der Sprache. Wenn sich Rauch (geb. 1960) für „Archetypen“ begeistert, wäre zu sagen, dass dies eine uralte philosophische Figur ist, die von C. G. Jung lediglich für seine psychologische Theorie aufgegriffen wurde und bei ihm „Archetypen des kollektiven Unbewussten“ heißt; übrigens eine in der Psychologie äußerst umstrittene Theorie. Archetypisch heißt „der Urform entsprechend“. Ob Rauchs Bilder „Urformen“ sind, weiß ich nicht, aber sie schnell mal dem „ideologischen Zeitgeist der Spätbourgoisie“ oder dem „kulturellen Verfall“ 1:1 zuzuordnen, ohne Zusammenhänge sachlich und präzise zu erforschen, geht mir über die Hutschnur.

Hätte sich Meier etwas mehr Mühe gemacht, wäre er darauf gestoßen, dass auf den DDR-Kunstausstellungen von 1982/83 und 1987/88 (der letzten, auf der Rauch übrigens auch vertreten war), gute zwei Dutzend – wenn nicht mehr! – Werke zu sehen waren, die sowohl in Malweise als auch Thematik große Ähnlichkeiten mit Rauchs (nicht nur) damaligem Werk aufwiesen. Und das zu Zeiten des „sozialistischen Realismus“. Was bei Meier immerhin stimmt, ist dass sich Rauch nach der „Wende“ geschickt in Szene gesetzt hat und Arbeiten wie seine auf dem westlichen Kunstmarkt gefragt waren.

Anmaßend finde ich, wenn Meier Rauchs Arbeiten als „Nicht-Kunst“ einsortiert. So kurzschlüssig sollten Marxisten nicht mit Kunst umgehen. Neo Rauch ist auch nicht mein Fall, aber das Phänomen Rauch ist in aller Kürze im FAZ-Begriff vom „narrativen Realismus“ (narrativ = erzählend) leider immer noch besser erfasst, als in dem geschwätzigen Verriss von J. Meier.

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"Plus und Minus", UZ vom 21. Juli 2017



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