23. Parteitag der DKP zeigt eine aktive Partei, die ideologische Probleme zu lösen hat

Positionen schärfen

Nach drei Tagen Debatten, Berichten, Abstimmungen und Wahlen sprach der wiedergewählte Vorsitzende der DKP, Patrik Köbele, von einer Achterbahn der Gefühle. In der Tat war der 23. Parteitag der DKP, der am vergangenen Wochenende in Frankfurt am Main stattfand, alles andere als widerspruchsfrei. Davon zeugt vor allem die Beschlussfassung über den Leitantrag, der mit 109 Stimmen bei 79 Gegenstimmen und sechs Enthaltungen angenommen wurde.

Auf der anderen Seite standen ein ermutigender Erfahrungsaustausch, der eine kämpfende und vielfach anerkannte Partei zeigte, sowie große Einmütigkeit bei Beschlüssen zum Beispiel zur Gesundheitspolitik, zu Ostdeutschland und zur Durchführung des 21. UZ-Pressefestes. Recht einmütig waren am Ende auch die Wahlen des 31-köpfigen Parteivorstandes, seiner Kommissionen und der Vorsitzenden.

Neben Köbele, der 167 Stimmen von 204 Delegierten bekam, wurde Wera Richter mit 182 Stimmen zu seiner Stellvertreterin gewählt. Mit großem Dank verabschiedeten die Delegierten neben Weiteren den bisherigen Stellvertretenden Vorsitzenden der DKP, Hans-Peter Brenner, und Günter Pohl als Leiter der Internationalen Kommission, die nicht mehr kandidierten.

Der Leitantrag „Unsere Kampffelder im Rahmen der antimonopolistischen Strategie“ war bereits im Vorfeld des Parteitages in einer UZ-Debatte aus unterschiedlichen Gründen und Richtungen kritisiert worden. Widerspruch gab es zur Einschätzung der internationalen Kräfteverhältnisse, insbesondere zur Rolle der Russischen Föderation und der Volksrepublik China, und zur Frage nach dem Hauptfeind. Wenige Delegierte sprachen sich erneut generell gegen die antimonopolistische Strategie aus. Kritisiert wurde darüber hinaus, dass Umweltpolitik und Antifaschismus im Dokument unterbewertet seien und eine konkrete Handlungsorientierung für die kommenden zwei Jahre fehle. Die Delegierten berieten über mehr als 440 Änderungsanträge aus den Gliederungen und beschlossen unter anderem, die Umweltpolitik neben dem Ringen für Frieden, demokratische Rechte und bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiterklasse als viertes Kampffeld aufzunehmen. Zusätzlich angenommen wurde eine Handlungsorientierung für die Grundorganisationen, die die Landesmitgliederversammlung Südbayern beantragt hatte.

Vor der Antragsberatung diskutierten die Delegierten in zwei mehrstündigen Blöcken über die Erfahrungen in der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit und über die Arbeit und Entwicklung der Grundorganisationen. Grundlage dafür war der Beschluss des vorangegangenen Parteitages zur Parteistärkung. Der hatte neben der Stärkung der Parteigruppen auf die Verankerung in der Arbeiterklasse in Betrieb und Kommune unter anderem durch die Gründung von Branchen- und Betriebsgruppen orientiert. Mehr als 20 Delegierte berichteten von Arbeitskämpfen im Gesundheitswesen, im Verkehrssektor und aus der Metallbranche und zogen Schlussfolgerungen für die Arbeit von Kommunistinnen und Kommunisten in Betrieb und Gewerkschaft (siehe Seiten 3 und 13). Viele Beiträge konnten aus Zeitgründen nicht gehalten werden. Auch im zweiten Block gab es positive Berichte zu der Arbeit in den Parteigruppen, zur Friedensarbeit und Bündnispolitik, aber ebenso die Warnung, dass die Existenzkrise nicht überwunden sei, und klar formulierte Erwartungen an die Parteiführung.

Dazu gehört die Forderung, die Diskussion um Grundfragen, die in der Partei ungeklärt sind, zügig und transparent anzugehen. Ein Großteil der Streitpunkte, die auch in der Debatte zum Leitantrag eine Rolle spielten, findet sich in dem mit großer Mehrheit beschlossenen Fahrplan „Zur Organisierung der Debatte strategischer und programmatischer Fragen“ wieder. Es geht darum, den Prozess zur Überarbeitung des Parteiprogramms von 2006 nun in Gang zu setzen und die Partei in der Gesamtheit in die Diskussionen einzubeziehen.

Einstimmig wurde die Durchführung des 21. UZ-Pressefestes beschlossen, das vom 28. bis 30. August in Dortmund stattfinden soll. Der bestätigte Bundeskassierer Klaus Leger begründete den Initiativantrag mit der gigantischen Summe von mehr als 60.000 Euro, die bis zum Parteitag für das Fest gesammelt wurden. Ebenso einmütig votierten die Delegierten für Solidaritätsprojekte mit dem sozialistischen Kuba und der KP Venezuelas, für die bis zum Jahresende 20.000 Euro gesammelt werden sollen, und für die erneute Beteiligung an den Aktionswochen der Friedensbewegung gegen den US-Atomwaffenstützpunkt in Büchel in Rheinland-Pfalz. Die DKP ruft vom 9. bis 12. Juli zu Blockadeaktionen vor dem Fliegerhorst auf.

Aktionsorientiert war auch das Eingangsreferat des Parteivorsitzenden, der die nächste Aufgabe im Widerstand gegen die ungeheuerliche Provokation des US-Militärmanövers „Defender 2020“ rund um den 75. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg sieht. Er orientierte zweitens auf die Begleitung der Tarifkämpfe im Öffentlichen Personennahverkehr im Sommer – und damit nach der Gesundheitspolitik und dem Bildungs- und Erziehungswesen auf ein mögliches drittes Standbein der DKP in der Arbeiterpolitik (siehe Seite 13).

Die Delegierten begrüßten Gäste aus mehr als 20 Ländern und Botschaftsvertreter aus Kuba, Laos und Vietnam und beschlossen den Arbeitsrahmen für die Internationale Kommission (siehe Seite 7). Aus dem Bündnisumfeld überbrachten Vertreter des Kasseler Friedensratschlags, der Initiative „Büchel ist überall – atomwaffenfrei.jetzt“ und des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden (OKV) sowie Johanna Scheringer-Wright, Mitglied des Parteivorstandes von „Die Linke“, solidarische Grüße. Für die SDAJ begrüßte deren Bundesvorsitzende Lena Kreymann die Delegierten.

Dem neuen Parteivorstand wurde großes Vertrauen ausgesprochen, verbunden mit der Erwartung, konzentrierter an der Parteistärkung und dazu auch inhaltlich gründlicher zu arbeiten. Positiv formuliert: Die Partei ist sich ihrer Notwendigkeit bewusst, will gemeinsam auf die Straße, um in die Klassenkämpfe dieser Zeit einzugreifen, aber muss dazu ihre Positionen schärfen und in der Diskussion möglichst wieder vereinheitlichen. Beides gilt es zu organisieren.

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Über die Autorin

Wera Richter, geboren 1969, ist stellvertretende Parteivorsitzende der DKP und Chefredakteurin der UZ. Die journalistische Laufbahn begann in jungen Jahren mit einem Praktikum bei der UZ mit Rolf Priemer als Chefredakteur. Damals wurde die UZ wieder Wochenzeitung. Später arbeitete die gelernte Gärtnerin im Ressort Innenpolitik der Tageszeitung junge Welt. Auf dem 20. Parteitag der DKP 2013 wurde Wera Richter zur stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt und übernahm die Verantwortung für die Organisationspolitik. Ein Job, den sie in der SDAJ kennen und lieben gelernt hatte. 2020 löste sie Lars Mörking als UZ-Chefredakteur ab.

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"Positionen schärfen", UZ vom 6. März 2020



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