Über israelische Ablenkungsmanöver vom Völkermord

Propagandazirkus

Ja, der internationale Haftbefehl gegen Netanjahu ist noch immer in Kraft, wenn auch schon lange vergessen. Im September wird er vermutlich den argentinischen Präsidenten treffen – und unzählige Argentinier, die gegen den Völkermord protestieren.

Zwar ist das offene Bekenntnis zum Völkermord in den meisten Staaten der Welt auf dem Rückzug. Vor allem die geplante Einnahme von Gaza-Stadt stößt auf Ablehnung. Doch praktische Konsequenzen hat das kaum. Selbst der Stopp der Waffenlieferungen, den Kanzler Merz verkündete, ist weniger als nur halbherzig. Waffen, die in Gaza eingesetzt werden können, sollen nicht mehr geliefert werden. Aber was ist mit Waffen, die auf der Westbank oder gegen den Iran eingesetzt werden?

Netanjahu – wie seine Unterstützer – hat ein einfaches Rezept gegen die zunehmende Kritik an Israel. Es lautet: Vorwürfe umdrehen und den Gegner angreifen, bevor der es überhaupt merkt.

Er streitet die von Israel betriebene Hungerpolitik gegen Gaza einfach ab. Und meint, der größte Teil der israelischen Gesellschaft sei gegen einen palästinensischen Staat, weil er nicht Frieden, sondern Krieg bringe. Die Politik europäischer Staaten sei eine Schande. Die Mehrzahl israelischer Medien zieht mit. Sie führen eine wahre Propagandakampagne. Unterstützt werden sie dabei von israelischen Diplomaten.

Selbst Informationsveranstaltungen stoßen immer noch auf Widerstand durch Botschaften, Vereine und Behörden. Und gerade wurden hunderte Demonstranten in London unter dem Vorwand des Terrorismus festgenommen. Sie hatten in Unterstützung von Gaza und „Palestine Action“ protestiert, einer Gruppe, die ihre Aktionen als „gewaltfrei und wirksam“ beschreibt. In völliger Verdrehung wird ausgerechnet diese Gruppe von den Behörden als terroristisch bezeichnet.

Als der Sicherheitsrat der UN eine Sitzung zu Gaza abhalten wollte, versuchte der israelische Botschafter das Schicksal von zwei Geiseln in den Mittelpunkt zu stellen statt des Schicksals von hunderttausenden Palästinensern.

Ähnliches versuchte der israelische Botschafter in Athen, der den Behörden der Stadt vorwarf, nicht genug gegen vorgeblich antisemitische Graffiti zu tun. Der Bürgermeister antwortete umgehend. Athen, schrieb er auf X, widersetze sich schon immer Rassismus und Gewalt. Und will sich nicht von denen über Demokratie belehren lassen, die Zivilisten töten.

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"Propagandazirkus", UZ vom 15. August 2025



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