Israel will Gaza-Stadt dem Erdboden gleichmachen. UN-Kommission erkennt auf Genozid

Schuldig im Sinne der Anklage

Jetzt ist es amtlich: Eine von den Vereinten Nationen eingesetzte Untersuchungskommission hat festgestellt, dass Israel des Völkermords schuldig ist. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass im Gazastreifen ein Genozid verübt und fortgeführt wird“, so die Leiterin der Untersuchungskommission, Navi Pillay. „Die Verantwortung liegt beim Staat Israel.“

Die Kommission sieht vier der fünf in der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords festgehaltenen Tatbestände in Gaza erfüllt: Tötung, schwere körperliche oder seelische Schädigung, vorsätzliche Schaffung von Lebensbedingungen, die auf die vollständige oder teilweise Zerstörung der palästinensischen Bevölkerung abzielen, und Maßnahmen zur Verhinderung von Geburten. Zivilisten werden getötet, humanitäre Hilfe blockiert, Gesundheits- und Bildungseinrichtungen systematisch zerstört und religiöse Einrichtungen angegriffen.

Die Kommission benennt in ihrem Bericht Ross und Reiter: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Präsident Isaac Herzog und der frühere Verteidigungsminister Joav Gallant hätten „zum Völkermord angestiftet“, die israelischen Behörden hätten es „versäumt, Maßnahmen gegen sie zu ergreifen, um diese Anstiftung zu bestrafen“.

Derweil setzt Israel alles daran, den Völkermord in Gaza und die Vertreibung der Palästinenserinnen und Palästinenser zu vollenden: Die angekündigte Bodenoffensive hat in der Nacht zum Dienstag dieser Woche in vollem Umfang begonnen, vorbereitet von massiven Luft- und Artillerieangriffen. Zuvor waren die Bewohner von Gaza-Stadt aufgefordert worden, das Gebiet weiträumig zu evakuieren und in den Süden zu fliehen, in dem zum größten Teil keine Häuser mehr stehen, es weder ausreichend Nahrung noch Schutz gibt. Laut dem Medienbüro in Gaza sind inzwischen 350.000 Menschen aus Gaza vertrieben worden, es gab aber auch Weigerungen, erneut zu fliehen. Viele wurden Opfer der gezielten Zerstörung der Hochhäuser von Gaza durch Luftangriffe. Die Häuser wurden bombardiert, ohne Rücksicht auf die Zivilistinnen und Zivilisten im Innern zu nehmen. Es wird eine hohe Zahl von unter den Trümmern begrabenen Opfern befürchtet.

Bodentruppen rücken ohne Rücksicht auf Zivilisten Richtung Innenstadt vor. Netanjahu nennt das ganze „eine intensive Operation in der Stadt Gaza“. Hämisch, aber auch näher an der Wahrheit verkündete der israelische Verteidigungsminister Israel Katz: „Gaza brennt“. Im nächsten Satz knüpft er an die Lüge zur Begründung des Kriegs an: Die Soldaten kämpften, „um die Voraussetzungen für die Freilassung der Geiseln und die Niederlage der Hamas zu schaffen“. Die Angehörigen der in Gaza festgehaltenen Israelis verurteilten die Bodenoffensive allerdings. Sie zeige, dass das Leben der Geiseln der Regierung egal seien.

Israel muss sich weiter auf Widerstand gegen den Völkermord einstellen, genauso wie die Israel unterstützenden Staaten des Westens. Die „Gaza Sumud Flotilla“ segelt weiter nach Gaza. In Spanien erzwangen Demonstranten den Abbruch des Radrennens „Vuelta“ kurz vor dem Ziel in Madrid – sie protestierten gegen die Teilnahme des Teams „Israel-Premier Tech“ und forderten Sportsanktionen gegen den Völkermord. In Deutschland geht es noch gesitteter zu. Aber auch hier forderten in Berlin am Samstag 20.000 Menschen ein Ende des Völkermords. Die nächsten Großdemonstrationen sind für den 20. September in Hamburg und den 27. September in Berlin angekündigt. Informiert euch bei den örtlichen Palästina-Soli-Demos über weitere Aktionen!

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"Schuldig im Sinne der Anklage", UZ vom 19. September 2025



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