Gerangel um Platz 1

Schirdewan Vorstellung - Gerangel um Platz 1 - -
Zwei Kandidaten für Platz 1: Martin Schirdewan (rechts) und Biljan Tavassoli (unklar in seinen Äußerungen, aber vermutlich auch irgendwie rechts) (Foto:UZ)

„Wir werden geeint und geschlossen in diesen Europa-Wahlkampf ziehen“, das habe der Parteitag gezeigt, erklärte der Parteivorsitzende Martin Schirdewan zu Beginn seiner Vorstellungsrede. Er wiederholte weite Teile seiner Parteitagsrede von gestern. Auch die „sozialen Zeitenwende“ für Gerechtigkeit und Solidarität stand wieder im Zentrum. Die Linke stelle sich dem Rechtsruck entgegen.

Schirdewan will Politik für die „Millionen in Europa und nicht für die Millionäre“ machen. Diejenigen, die sich für Klimaschutz, Antifaschismus und die Rechte queerer Menschen einsetzen, bräuchten eine Stimme im EU-Parlament. Als Gegenpol suchte er sich den türkischen Präsidenten Erdogan aus, der „mit den Terroristen der Hamas“ zusammenarbeite. „Die Linke“ stehe für das Völkerrecht, egal ob gegen den Angriffskrieg Putins oder halt gegen Erdogan. Es gebe für ihn keine Mitte zwischen Antifaschismus und Faschismus. „Wir stehen gegen jeden Antisemitismus“.

Schirdewan schloss eine Rede mit der Aufzählung seiner vermeintlichen Erfolge. Seine Fraktion habe als erste Fraktion eine „Übergewinnsteuer ins Gespräch“ gebracht. Auch über den „europäischen Mindestlohn“ freute er sich. Wie ihm das in einem Parlament gelungen ist, das keine eigenen Gesetzesinitiativen einbringen kann, ließ er offen.  Eine starke Linke mache den Unterschied, so Schirdewan. Darauf könne man stolz sein.

Der Gegenkandidat zu Schirdewan, Bijan Tavassoli, der sich selbst vorgeschlagen hatte, machte einen bunten Blumenstrauß auf, warum er auf Listenplatz 1 gehört. Dazu gehört, dass er unüberhörbar ein großer Fan Sahra Wagenknechts ist. Der Tortenwurf auf sie war für ihn der Wendepunkt, in dem er den Glauben an die Partei verloren habe. Denn in der „Linken“, so meint Tavassoli, ist klug sein und dabei noch „fabulous“ aussehen, etwas, was Männern vorbehalten ist. Welche Männer in der Linkspartei er für klug und schön hält, ließ er offen.

Den Finger in die Wunde legte er jedoch bei aller Seltsamkeit auch: „In einer Zeit, in der der Weltkrieg droht, tut die Linke das, was sie am besten kann“, meint Tavassoli. Und das ist, sich streiten. Ein neues Corporate Design helfe da wenig.

Zum Abschluss seiner Vorstellung machte er noch einen Ausflug in Richtung politischer Islam, schimpfte „Marx 21“ als „Moslembruderschaft 21“ und schloss mit der Erklärung, dass er die Linkspartei verlasse. Er formulierte, dass er aus der „SED austrete, weil sie die SED geblieben ist“. Zudem musste zwischendurch der Sicherheitsdienst auf den Bühne kommen, um den sichtlich aufgebrachten Tavassoli zu beruhigen. Noch während der Abstimmung wurde er aus dem Saal begleitet.

Aus Protest über seine Kandidatur hatten gute hundert Vertreterinnen und Vertreter den Saal verlassen.

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