Für den 2. Oktober (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe von UZ) mobilisieren die französischen Gewerkschaften erneut zum Generalstreik gegen die Kahlschlagpläne der Regierung. Mehr als eine Million Menschen hatten sich am 18. September am Streik beteiligt. Nach den Gelbwesten und den Aktionen gegen die Rentenkürzungen bricht über Frankreich die dritte große Welle von Sozialprotesten herein.
„Die geplanten Einschnitte – Streichung von Feiertagen und Urlaubsansprüchen, Kürzungen im öffentlichen Dienst, Abwertung der Renten, höhere Zuzahlungen im Gesundheitswesen sowie Eingriffe in das Arbeitsrecht – belasten einseitig Beschäftigte, Erwerbslose, Kranke sowie Rentnerinnen und Rentner“, solidarisierte sich ver.di-Chef Frank Werneke im Vorfeld des letzten Generalstreiks.
Ein ganz ähnlicher Angriff wird auch in Deutschland vorbereitet. „Der Herbst der Reformen ist längst eingeleitet“, drohte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in der Haushaltsdebatte im Bundestag. Wie in Frankreich stottert auch die deutsche Wirtschaft, die Infrastruktur ist marode, die Daseinsvorsorge kaputtgespart, während die Gewinne der Konzerne, Banken und Finanzverwalter sprudeln. Der Wirtschaftskrieg gegen Russland ist gescheitert. Doch statt sich um die Probleme der Deutschen und Franzosen zu kümmern, eskalieren Merz und der französische Präsident Emmanuel Macron lieber den Ukraine-Krieg und versenken hunderte Milliarden in der Aufrüstung. Damit das Geld für die Rüstungsschuldenorgie von den Finanzmärkten weiter fließt, ist der Angriff auf die sozialen Rechte auch in Deutschland in vollem Gange. Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) bringt es auf den Punkt: „Wir müssen jetzt wieder lernen, dass Bedrohungslage vor Kassenlage geht.”
Wegen der Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen können Merz und Co. ihren Raubzug besser tarnen. Auf Bundesebene laufen die Angriffe auf Bürgergeldbezieher, Kranke und Rentner sowie auf das Arbeitsrecht und den Achtstundentag. In Ländern und Kommunen bleiben zigtausende Stellen unbesetzt, Schwimmbäder und Büchereien werden geschlossen, in Schulen fällt der Putz von der Decke. Das ist die Kehrseite der Kriegspolitik.
Sich diesen engen Zusammenhang zwischen Krieg und den Angriffen auf die sozialen und demokratischen Rechte bewusst zu machen, stärkt die Friedensbewegung, vor allem aber auch die Gewerkschaften.
„Der Kampf der französischen Gewerkschaften ist auch unser Kampf: für soziale Gerechtigkeit, für den Schutz und den Ausbau des Sozialstaates“, gab Werneke den französischen Kolleginnen und Kollegen mit auf den Weg. In Deutschland sind die Gewerkschaften allerdings erschreckend ruhig gegenüber den Drohungen aus dem Bundestag und den Unternehmerverbänden. Dabei wäre es höchste Zeit, sich gegen Kriegspolitik und Sozialkahlschlag der Regierung aufzustellen.