Konzernumbau bei der Deutschen Bahn

Sommerlochdebatte?

Von Lars Mörking

Es begann wie eine typische Sommerlochdebatte: Ende Juni vermeldeten die Medien aus bekanntlich immer gut informierten Aufsichtsratskreisen und unter der Überschrift eine „Kleine Revolution bei der Deutschen Bahn“ Pläne für einen Konzernumbau. Gleichzeitig vermeldete die Monopolkommission, ein Beratergremium der Bundesregierung, dass sie Defizite bei der Wettbewerbsgestaltung bei der DB sehe und forderte die Bundesregierung zum Handeln auf. Die Monopolstellung der Deutschen Bahn AG sei weiterhin zu dominierend – die DB AG wies dies zurück.

In der Tat spielt Deutschland in punkto Liberalisierung des Verkehrs im europäischen Vergleich eher in der Oberliga. Der Verkehrsmarkt ist derzeit im Umbruch. Die Freigabe des Fernverkehrs für Busse führte bei der Deutschen Bahn zu Umsatzeinbußen, dazu kommt ein Verlust bei vielen Regionalstrecken.

Ein Konzernumbau, so die Deutsche Bahn, soll daher das Unternehmen „schlanker, schneller und kundenorientierter“ gestalten. Die Beschäftigten erfuhren von dieser Debatte aus der Presse. „Gerücht mit Folgen – Geplanter Konzernumbau verunsichert die Kollegen“ betitelt der Konzernbetriebsrat eine Information an die Mitarbeiter. Veränderungen in der Struktur bedeuteten in der Vergangenheit immer neue Rationalisierungsprogramme. Der Konzern hat so seit 1994 das Personal in Deutschland deutlich reduziert. Zu den aktuellen Ankündigungen gibt es jedoch bisher keine konkreten Angaben, was das Ergebnis sein soll. Der Konzernvorstand wird bis Mitte Dezember einen „konkretisierten Maßnahmenkatalog in Verbindung mit der Mittelfristplanung“ vorlegen, wie der Konzernbetriebsratsvorsitzende Schwarz in einen Brief an die Beschäftigten mitteilte. Die Gewerkschaften halten sich in ihren Stellungnahmen zurück, zu unkonkret sind die Folgen der Ankündigungen.

Teilkonzern wird aufgelöst

Fest steht aber, dass der Teilkonzern oder „die doppelte Holdingstruktur“ aufgelöst wird. Die so bezeichnete DB ML AG war gegründet worden, um im geplanten Börsengang 2008 den Transportbereich der Bahn dem Kapitalmarkt zum Teilverkauf anzubieten. Vom Verkauf der DB AG spricht derzeit aber keiner mehr und nach den aktuellen Kennzahlen wäre das auch keine attraktive Option für Investoren. Sehr wohl aber plant der Konzern Teilprivatisierungen der DB-Töchter „DB Arriva“ und der „DB Schenker Logistik“. Die Bahn in Deutschland ist nach den derzeitigen Aussagen nicht betroffen.

Dazu passt auch die inzwischen umgesetzte neue Geschäftsverteilung im Vorstand der Deutschen Bahn AG. Die Vorstandsressorts wurden reduziert und die Konzerngeschäftsfelder neu zugeteilt. Entsprechend den Ankündigungen wurden die zum Teilverkauf vorgesehenen DB-Töchter dem Ressort Finanzen/Controlling zugeordnet, während die „Eisenbahn in Deutschland“ davon nicht berührt ist. In den Reihen von kritischen Verkehrsinitiativen führt dieses Vorgehen zu unterschiedlichen Reaktionen. Hintergrund ist, dass immer die Zukäufe im Ausland kritisiert wurden. Nun betrifft die Privatisierung diesen Bereich und der Konzern verkündete, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Ist also diese Medienaufmerksamkeit eher eine Sommerlochdebatte? Ganz und gar nicht.

Dienstleistungen vor Umbau

Das Geschäftsgebaren der DB AG verläuft weiterhin unter der Überschrift „Gewinnmaximierung“ und daher sind die Feinheiten zu beachten. So ist ein Bestandteil des Konzernumbaus, dass „die Servicefunktionen und internen Dienstleister (…) im Konzern neu geordnet“ werden. Diese sind dem Management zu „teuer“ und daher schon immer ein Dorn im Auge. Gebunden durch Tarifverträge sind die Lohnkosten höher und die Geschäftsfelder sind durch die Konzernvereinbarungen gezwungen, diese Leistungen bevorzugt in Anspruch zu nehmen. Dafür haben die betrieblichen Interessensvertretungen und die Eisenbahnergewerkschaft gekämpft.

Auch für den Erhalt dieser Regelungen wird gekämpft werden müssen. Politisch ist die Auseinandersetzung gegen die Liberalisierung – und für einen bezahlbaren Schienenpersonen- und -güterverkehr unter öffentlicher Regie – zu führen. Die Organisationsform der Aktiengesellschaft steht dem im Weg. Hier muss ein Konzernumbau ansetzen.

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Über den Autor

Lars Mörking (Jahrgang 1977) ist Politikwissenschaftler. Er arbeitete nach seinem Studium in Peking und war dort Mitarbeiter der Zeitschrift „China heute“.

Mörking arbeitet seit 2011 bei der UZ, zunächst als Redakteur für „Wirtschaft & Soziales“, anschließend als Verantwortlicher für „Internationale Politik“ und zuletzt – bis Anfang 2020 – als Chefredakteur.

 

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"Sommerlochdebatte?", UZ vom 21. August 2015



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