Rheinmetall Entwaffnen: Verbot des Protestcamps aufgehoben. Initiative siegt vor Gericht

Versammlungsfreiheit erkämpft

Mit zynischen Begründungen hatte die Polizei das Protestcamp von Rheinmetall Entwaffnen in Köln verboten. Die Aktivisten zogen vor Gericht – und konnten sich nun durchsetzen: Das Camp darf stattfinden. UZ sprach mit Andi Koch, Sprecher von Rheinmetall Entwaffnen, über das Verfahren, die Hintergründe und das Programm auf dem Camp.

UZ: Das Protestcamp von Rheinmetall Entwaffnen kann nach einem anfänglichen Verbot nun doch vom 26. bis zum 31. August in Köln stattfinden. Wie kam es zu der gerichtlichen Entscheidung?

Andi Koch: Nachdem die Polizei unser Protestcamp mit absurden Begründungen verboten hat, haben wir dagegen beim Verwaltungsgericht Köln geklagt. Nachdem wir mit unserer Klage in erster Instanz verloren haben, haben wir beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster Beschwerde eingereicht. Das OVG hat das Verbot des Camps als rechtswidrig eingestuft und damit den Beschluss des Verwaltungsgerichts mit der Begründung, dass damit die Versammlungsfreiheit verletzt wird und vom Camp keine Gefahr ausgeht, geändert.

UZ: Wie lautete denn die Verbotsbegründung, und wie bewerten Sie das Vorgehen der Behörden?

Andi Koch: Das Verbot wurde von der Polizei mit „Unfriedlichkeit“ begründet. In einer längeren Begründung sieht die Polizei Köln in der Parole „Krieg dem Krieg“, welche schon seit über hundert Jahren von der antimilitaristischen Bewegung genutzt wird, im ersten Weltkrieg entstand und durch Kurt Tucholskys gleichnamiges Gedicht popularisiert wurde, die Ankündigung, man wolle der Aufrüstung mit „kriegerischen Mitteln“ begegnen. Weiterhin wird die angeblich seit dem Camp in Kiel „gesteigerte Gewaltbereitschaft“ der Campteilnehmenden auf die Weltlage zurückgeführt, die sich „seitdem erneut zum Negativen verändert“ habe. Ausgerechnet aus dieser (sachlich richtigen) Feststellung abzuleiten, dass ein Verbot eines Camps, das diesen Umstand kritisiert, geboten sei, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Diese Art des Umgangs zeigt viel mehr, wie weit die gesellschaftliche Militarisierung und Autoritarisierung bereits vorangeschritten sind – und wie wichtig Möglichkeiten der gemeinsamen Bildung, Vernetzung des solidarischen Miteinanders, und nicht zuletzt auch der politischen Praxis sind.

UZ: Gab es in der Vergangenheit bereits ähnliche Versuche, Aktivitäten von Rheinmetall Entwaffnen zu unterbinden?

Andi Koch: Camp-Verbote gab es in den letzten Jahren bei den bisher stattgefundenen Rheinmetall-Entwaffnen-Camps zwar nicht. Jedoch gab es vergleichbare Fälle bei Camps von Ende Gelände oder dem G20-Camp. Und auch bei Camps aus der Palästina-solidarischen Bewegung kam es immer wieder zu Verboten.

UZ: Welche Rolle hat die Solidarität verschiedener Organisationen aus Ihrer Sicht gespielt?

Andi Koch: Gegen das Verbot des Camps gab es eine breite Solidarisierung aus weiten Teilen der gesellschaftlichen Linken. Diese Solidarisierung und Unterstützung war wichtig, um das Vorgehen gegen das Verbot und den damit verbundenen Aufwand zu stemmen. Wir haben eine Petition aufgesetzt, die von knapp 5.000 Menschen unterzeichnet wurde, und über ein Crowdfunding Geld für die Gerichtskosten gesammelt. Durch die Öffentlichkeit und die Solidaritätsbekundungen konnte viel politischer Druck ausgeübt werden, der zur Durchsetzung des Camps beigetragen hat.

UZ: Werden Sie sich beim Camp und der Aktionswoche etwas einschränken, um weiterer Repression zu entgehen?

Andi Koch: Nein, wir werden unseren Protest und unsere Aktionen wie geplant durchführen und uns nicht durch diesen Verbotsversuch einschüchtern lassen.

UZ: Welche Aktivitäten sind denn geplant, und wie können Aktivistinnen und Aktivisten sich anschließen?

Andi Koch: Die Campwoche wird von einer Aktionswoche begleitet. Jeden Tag werden Aktionen stattfinden.

Am Donnerstag um 14.30 Uhr wird eine Demonstration zum Wohnhaus des Rheinmetall-Chefs Armin Papperger stattfinden. Dort werden wir Rheinmetall-Chef Papperger höchstpersönlich mit dem Schicksal der Familien konfrontieren, die in Gaza und Jemen durch Rheinmetall-Waffen Angehörige verloren haben oder selbst schwer verletzt wurden.

Die Aktionswoche wird mit einer großen Antimilitär-Parade abgerundet, die auch Menschen, denen eine Teilnahme am Camp unter der Woche zeitlich nicht möglich ist, die Möglichkeit einer Beteiligung bietet. Alle sind zu diesem bunten Protest eingeladen, um das, was sie an der aktuellen Militarisierung am stärksten kritisieren wollen, kreativ auf die Straße zu tragen. Der Startpunkt wird am Samstag, den 30. August um 14:30 Uhr auf dem Heumarkt in der Kölner Innenstadt sein.

Mehr Informationen gibt es unter: rheinmetallentwaffnen.noblogs.org

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