Klaus Wagener über deutsche China-Politik

Wie zu Kaisers Zeiten

Wer, aus welchen Gründen auch immer, gehofft hatte, dass mit einer neuen Regierung auch eine gewisse Portion Restvernunft in die Berliner Amtsstuben einziehen würde, sieht sich enttäuscht. Offensichtlich geben sich der BlackRock-Kanzler und sein Außenminister Wadephul große Mühe, die Negativ-Erfolge der Scholz-Regierung markant zu unterbieten. Hochrüstung auf Pump, Unterstützung des Völkermordes in Gaza und der weiteren Zerstörung der Ukraine – alles wie gehabt. Und natürlich eine arrogant-rassistische Haltung gegenüber der chinesischen Führung, der man, ganz im Stil der Damen Baerbock und Kallas, mal eben erklären will, was sie zu tun und zu lassen hat.

So etwas kommt in Peking nicht so gut an. Was Merz und Wadephul offenbar nicht mitbekommen haben: Wir leben nicht mehr im Jahr 1900, als Kaiser Wilhelm II. in seiner Hunnen-Rede die Order gab: „Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht!“ Wir leben im Jahr 2025, in dem China eine ökonomische Supermacht ist. Die deutsche Ökonomie, von ihrem großen Bruder in Washington in eine tiefe Krise gestürzt, ist vom aufstrebenden China existenziell abhängig. Deutsche Großkonzerne machen hier einen Großteil ihres Umsatzes. Gute Beziehungen zu Peking wären also dringend anzustreben. Stattdessen gefällt sich die deutsche Außenpolitik seit Jahren darin, Peking vors Schienenbein zu treten.

Außenminister Wadephul setzt damit die „feministische Außenpolitik“ seiner Vorgängerin fort. China liegt seiner Meinung nach überall falsch: Im guten Verhältnis zu Russland, mit seiner Politik im Indopazifik, gegenüber Taiwan, und so weiter.

Da es in der Volksrepublik niemanden gibt, der diese Themen mit Wadephul diskutieren möchte, wurde das Besuchsprogramm des deutschen Außenministers entsprechend reduziert. Wadephul war pikiert und sagte den Besuch ab.

Dabei gäbe es wichtige und drängende Themen: Das Nexperia-Problem, Trumps Zollpolitik, die Versorgung mit Rohstoffen, um nur einige zu nennen. Es geht um die entscheidende Frage, ob sich Deutschland als stärkste Macht Europas aus der babylonischen Gefangenschaft des zerfallenden US-Imperiums befreien kann. Oder ob es mit den USA sang- und klanglos unterzugehen trachtet. Mit den Herren Merz und Wadephul ist offensichtlich nur letzteres möglich.

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