Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir, die ver.di-Aktiven aus den Krankenhäusern in Essen, sagen Nein zur Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst der Kommunen. Warum machen wir das?
Die zentrale Forderung aus den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in dieser Tarifrunde war eine deutliche Reduzierung der Arbeitsbelastung. Mit den drei zusätzlichen freien Tagen und der bezahlten Pause in der Wechselschicht, letzteres längst überfällig, hatten die Kolleginnen und Kollegen endlich Aussicht auf eine tatsächliche Verbesserung ihrer Arbeitssituation. Weder das eine noch das andere findet sich im Abschluss für uns wieder. Im Gegenteil, die Kliniken und Pflegeeinrichtungen werden explizit ausgenommen. Die Pausen im Dreischichtbetrieb werden nach wie vor nicht bezahlt, die Möglichkeit der Umwandlung von Entgelt in freie Tage wird den Kolleginnen und Kollegen zusätzlich vorenthalten. Statt einer Reduzierung der Belastungssituation bietet man die Möglichkeit für 42 Stunden Wochenarbeitszeit an.
Das alles unter der Argumentation der Arbeitgeber, dass es zu wenig Personal in diesen Bereichen gibt. Die Arbeitgeber verkennen die Situation vollkommen. Die Realität ist, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen immer häufiger den Beruf verlassen, in Teilzeit wechseln oder aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden. Die mittlere Verweildauer in der Pflege liegt bei etwa 15 Jahren. Dass Beschäftigte in Vollzeit nach 40 oder 45 Jahren in den Ruhestand gehen, ist eine absolute Ausnahme. Die Politik und die Arbeitgeber im Öffentlichen Dienst haben es über Jahrzehnte versäumt gegenzusteuern, und auch in den letzten Tarifrunden ist es zu keiner Verbesserung der Arbeitssituation in den Krankenhäusern gekommen. ver.di hat das Thema zugunsten anderer Verhandlungspunkte wiederholt fallengelassen. Im aktuell ausgehandelten Abschluss sehen wir uns hierzu wieder einmal bestätigt. Ob die Bereitschaft und Stärke über die Fachbereiche hinaus da gewesen wäre, die offene Konfrontation mit den Arbeitgebern zu suchen, können wir in den Krankenhäusern nicht abschließend beurteilen, wünschen uns aber, dass wir für einen besseren Abschluss weiterstreiken! Und dass wir uns nicht erpressen lassen, weil wir angeblich zu schwach sind, sondern gemeinsam im Streik lernen, wie wir stärker werden und diesen Arbeitgebern und der Politik ein klares Zeichen setzen: Mit uns nicht!
Dass wir mit diesem Abschluss nicht zufrieden sein können, haben wir euch mit diesem Brief dargelegt. Aus diesem Grund bitten wir (die Unterzeichner*innen) euch als unsere Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und in allen anderen Bereichen des Öffentlichen Dienstes, unsere Argumente für die Ablehnung mit in eure Entscheidung bei der Mitgliederbefragung einzubeziehen.
Solidarität ist unsere Stärke, lasst uns sie ausspielen!
Rolf Brauksiepe, Markus Eschenberg, Birgit Freese, Manja Hirmer, Jörg Klötgen, Marvin Lindemann, Saeid Mohajer, Olaf Nuhnen, Sven Rothe, Ralf Schade, Bettina Simon, Jan von Hagen, Thilo Wolff. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sind ver.di-Vertrauensleute und Aktive aus der Ruhrlandklinik Essen, dem Alfried Krupp Krankenhaus Essen und der LVR-Universitätsklinik Essen.