Zetkin bleibt ohne Knoten

Am Donnerstag hat der Tübinger Gemeinderat beschlossen, die Clara-Zetkin-Straße nicht mit einem „Knoten“ zu versehen. Mit diesen „Knoten“ aus dem 3D-Drucker werden die Schilder von Straßen markiert, die nach Personen benannt sind, die der Stadt Tübingen als „umstritten“ gelten. Zumeist handelt es sich dabei um Faschisten und Kolonialverbrecher. Eine von der Stadt einberufene Kommission hatte empfohlen, die nach der kommunistischen Reichstagsabgeordneten, Frauenrechtlerin und Antifaschistin Clara Zetkin benannte Straße ebenfalls zu markieren. Von 32 Ratsmitgliedern stimmten 20 gegen den „Knoten“, 7 enthielten sich.

Neben mehreren Fraktionen sprachen sich auch der Jugendgemeinderat und der Integrationsrat gegen die Empfehlung der Kommission aus. Das Aktionsbündnis „Kein Knoten für Zetkin“ kritisierte im Nachgang, dass „leider kaum Kritik an der Arbeit der Kommission zu hören“ gewesen sei. „Mehrfach wurde hingegen ein Infragestellen von „Experten“ mit akademischen Titeln als unangemessen und unangebracht bezeichnet. Zudem wurde dem Aktionsbündnis weiterhin unterstellt, es sei beleidigend und nicht sachlich vorgegangen.“ Dennoch zeigte sich das Bündnis mit dem Ergebnis zufrieden: „Mit unserem Protest haben wir auch ein deutliches Zeichen an den Wissenschafts- und Politikbetrieb gesendet: Wir schauen genau hin und lassen es nicht zu, dass unter dem Deckmantel vorgeblicher Neutralität die Geschichte verdreht wird. Clara Zetkins Kampf um Befreiung, gegen Faschismus und Krieg muss verteidigt und weitergeführt werden.“

Überraschend war die Entscheidung des Gemeinderates, die Bismarckstraße mit einem „Knoten“ zu versehen. Zu Otto von Bismarck hatte die „Expertenkommission“ zuvor keine entsprechende Empfehlung abgegeben. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer kritisierte noch in der Sitzung, dass diese Entscheidung „ohne jede Begründung und Aussprache“ getroffen worden sei“.

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"Zetkin bleibt ohne Knoten", UZ vom 3. November 2023



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