Ein neuer Band der Buchreihe „Als Zeitzeugen erlebt“

DDR – unvergessen

Von Ulla Ermen

ddr unvergessen - DDR – unvergessen - DDR, Politisches Buch - Theorie & Geschichte

Heimat DDR

Hrsg. Horst Jäkel

Reihe „Spuren der Wahrheit“

GNN-Verlag, Schkeuditz 2016

372 Seiten, 19,-Euro

ISBN: 978-3-89819-416-7

Seit über zwanzig Jahren folgt der GNN Verlag mit seiner Buchreihe „Als Zeitzeugen erlebt“ den „Spuren der Wahrheit“ – allen Verleumdungen und Halbwahrheiten zum Trotz. Der zwölfte Band, „DDR unvergessen“, erschien im Dezember 2016.

65 Autoren aus verschiedenen Berufen und Lebensbereichen kommen hier zu Wort. Sie berichten von ihren Erkenntnissen, Erfahrungen und Erlebnissen, sprich, dem „Bemühen, auf deutschem Boden erstmals einen sozialistischen Staat aufzubauen“. Im Ganzen ergeben die vielseitigen Beiträge das Bild einer fortschrittlichen und menschlich gerechten Gesellschaft, die trotz aller Probleme, Widersprüche und Fehler den richtigen Weg gegangen ist und mit der sogenannten Wende in ihrer Entwicklung gewaltsam unterbrochen wurde. Es gibt acht Themenkreise: Politisches Statement, Arbeitswelten, Bildung, Kunst und Kultur, Reisen und Alltag, Armee, internationale Zusammenarbeit, Bedeutung des Friedens. Alle Autoren zeigen eine positive Haltung zur sozialistischen Gesellschaft. Aber Nostalgie und Schönfärberei wird man hier nicht finden, stattdessen Kompetenz.

Mit dem Buch öffnet sich dem Leser eine vollkommen andere DDR, als wir sie tagtäglich in den Medien vorgesetzt bekommen. Das beginnt schon bei den Darstellungen der Arbeitswelt. So schreibt Jürgen Westphal, warum er gerne in der Deutschen Demokratischen Republik gearbeitet hat: „Bei uns war die Arbeit eine gesellschaftlich nützliche Tätigkeit. In der BRD ist die Arbeit Lohnarbeit.“ – Man denke dabei nur an die wachsende Anzahl der Beschäftigten im Billiglohnsektor der kapitalistischen BRD.

Im gesellschaftlichen Leben der DDR stand der Mensch im Vordergrund. Der erwirtschaftete Mehrwert kam der Allgemeinheit zugute, wurde z. B. in die Bildung investiert. „Das oberste Ziel des Bildungssystems war, allen Schülern eine solide und wissenschaftlich fundierte Allgemeinbildung zu sichern“, schreibt Gertrud Kummer. Diese Definition hat sich in der Realität bestätigt. Ihr Lebenslauf, „Von der Neulehrerin zur Schulbuchredakteurin“, steht stellvertretend für die vielen beruflichen Möglichkeiten und für den Bruch mit dem alten Bildungsprivileg. Die Gründung der „Arbeiter-und-Bauern-Fakultäten“ nenne ich revolutionär.

Die sozialistische Republik hatte auch einen anderen Begriff von Kultur. So begreift Manfred Wekwerth Kultur „als verändernde Macht“. Die DDR förderte ihre Künstler. Auch der Volkskunst wurde große Bedeutung eingeräumt: „Die Kreativität des gesellschaftlichen Lebens hatte einen hohen Stellenwert. Unter Volkskunst verstand man keine Volkstümelei, sondern Lebensfreude, Erweckung von Kreativität im Menschen und die Möglichkeit einer Auseinandersetzung mit Problemen über den künstlerischen Weg. Die allseitige Entwicklung der Gesellschaft war eines der Ziele. Gerade daran beweist sich die besondere und führende Rolle der Arbeiterklasse“, meint Werner Kühn. Dafür stehen die „vielen Kulturhäuser, die das kulturelle Schaffen der sozialistischen Gesellschaft positiv und maßgebend beeinflusst hatten“.

Wie stand es mit dem Wahlrecht in der DDR? – Die Gretchenfrage zum Thema Demokratie. „Wer sich in der DDR als Kandidat der Stadtverordnetenversammlung oder der Volkskammer für eine Wahlliste bewarb, musste erst einmal auf Veranstaltungen im Wohnbezirk Rede und Antwort stehen.“ Meiner Meinung nach beginnt Demokratie an der Basis, dort, wo die Bürger ihren Staat mitgestalten können.

Die Deutsche Demokratische Republik leistete unterstützende Arbeit beim Aufbau unabhängig gewordener Länder Afrikas wie in Angola oder Mosambik, half mit, dort ein fortschrittliches Schulsystem aufzubauen. Anton Latzo schreibt: „Die sozialistische Gesellschaft erzeugte solche internationalen Verhältnisse, die sie für die Gestaltung einer menschlichen und von Ausbeutung freien Gesellschaft brauchte.“

„DDR – unvergessen“ räumt auf mit der Binsenweisheit, das Scheitern des realen Sozialismus sei ein Beweis für seine Nichtmachbarkeit. „Warum die meisten Bürger – trotz aller sozialistischer Errungenschaften – den falschen Propheten auf den Leim gingen, kann man nicht allein den Schwachstellen des Systems zuschreiben.“ Denn dem Gegner war jedes Mittel recht, dem realen Sozialismus zu schaden, konnte er dabei doch gleichzeitig das eigene unmenschliche System als besser und humaner verkaufen.

Abschließend noch ein paar Worte zur ästhetischen Gestaltung. Auch mit diesem Band ist wieder ein schönes Lesebuch entstanden, das nicht zum geradlinigen Durcharbeiten zwingt, sondern den Leser einlädt, mit dem zu beginnen, was ihm gerade ins Auge fällt. Die vielen Fotos, Zeichnungen, Zitate und Gedichte zwischen den Beiträgen unterstreichen die Aussagekraft der Texte, lassen innehalten und verführen zum Philosophieren.

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"DDR – unvergessen", UZ vom 10. Februar 2017



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