Zu Ursula von der Leyen in Peking

Der EU-Mops kläfft

Fast pünktlich zu 125 Jahren „Hunnenrede“ des hoffentlich letzten deutschen Kaisers reiste EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am 24. Juli nach Peking. Es lässt sich nicht sagen, dass sie dort die Rhetorik Wilhelms II. nachahmte, seiner Geisteshaltung kam sie umso näher. Vor Journalisten diktierte sie jedenfalls zunächst Bedingungen: „Wie China weiterhin mit Putin interagiert, wird ein entscheidender Faktor für unsere künftigen Beziehungen sein.“ Und ließ dem folgen: „Damit der Handel weiterhin für beide Seiten vorteilhaft bleibt, muss er ausgewogener werden.“

Das ist angesichts des technischen und wirtschaftlichen Hinterherhängens der EU schwierig. Nur im Aufplustern erreicht Brüssel Spitzenwerte. Also brummte es 2024 Zusatzzölle für Elektroautos aus China auf und schloss dessen Firmen von öffentlichen Ausschreibungen aus. Die Realität: 2024 betrug das Handelsdefizit der EU zu China 305 Milliarden Euro. Wer aber einem Staatenblock vorsteht, dessen Zweck unter anderem die Angleichung der sozialen und geistigen Niveaus in den Mitgliedsländern nach unten ist, kann das nur durch markige Rhetorik kompensieren. Zudem erdreisteten sich die Chinesen zu antworten: Zusatzabgaben auf Branntwein, Schweinefleisch und Milchprodukte aus der EU. Die forderte Zugang zum chinesischen Markt bei Fleisch, Kosmetika und Pharmazeutika – ungehört.

Kein Wunder, dehnt doch Brüssel im antirussischen Wahn seine Sanktionen auf chinesische Unternehmen aus. Gegen 34 von ihnen sprach es Lieferverbote aus und behelligte kurz vorm Besuch in Peking im EU-„Sanktionspaket“ Nummer unendlich auch zwei chinesische Banken. Im übrigen hatte Chinas Außenminister Wang Yi beim Besuch in Brüssel Anfang Juli kühl erklärt, so die „FAZ“ am 24. Juli, sein Land fürchte „im Fall einer russischen Niederlage, dass sich die USA ganz auf den Konflikt mit China konzentrieren würden“. Das wäre dann fast wie 1900, als schon Wilhelm die USA an seiner Seite wusste.

Chinas Xi Jinping traf sich trotz all der Lästigkeiten mit von der Leyen und beschied sie, „die Herausforderungen, denen Europa sich aktuell gegenüber sieht, kommen nicht aus China.“ Das bedeutet: Der Mops hatte den Mond angekläfft. Drei Tage später warf sich von der Leyen vor Donald Trump in den Staub. Am folgenden Tag trafen sich dessen Finanzminister und Chinas Vizepremier He Lifeng in Stockholm zu Zollgesprächen. Ergebenheit der Volksrepublik wurde nicht erwartet.

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"Der EU-Mops kläfft", UZ vom 1. August 2025



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