Schriftsteller rufen zum Boykott des israelischen Literaturbetriebs auf

Nicht zum Komplizen werden

Mehr als 2.500 (Stand Freitag vergangener Woche) Autoren Verleger, Mitarbeiter der Buchbranche und von Literaturfestivals haben unter dem Titel „Komplizenschaft verweigern“ einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie ankündigen, den israelischen Literaturbetrieb zu boykottieren. Zu den Unterzeichnerinnen gehören Erfolgsautorinnen wie Sally Rooney, Arundhati Roy, Rachel Kushner und die Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux. Deutsche Medien ignorieren den Aufruf trotz der prominenten Beteiligung bisher weitgehend, PEN Berlin (die Abspaltung von PEN Deutschland) zeigt sich empört. UZ dokumentiert einen Auszug des Aufrufs:

„Die Notlage ist da: Israel hat Gaza unbewohnbar gemacht. Es ist unmöglich, genau zu wissen, wie viele Palästinenser Israel seit Oktober getötet hat, weil Israel die gesamte Infrastruktur zerstört hat, einschließlich der Fähigkeit, die Toten zu zählen und zu begraben. Wir wissen, dass Israel seit Oktober mindestens 42.126 Palästinenser in Gaza getötet hat und dass dies der größte Krieg gegen Kinder in diesem Jahrhundert ist.

Dies ist ein Völkermord, wie führende Experten und Institutionen seit Monaten sagen. Israelische Beamte sprechen offen über ihre Motivation, die Bevölkerung von Gaza zu eliminieren, die Eigenstaatlichkeit der Palästinenser zu verhindern und palästinensisches Land zu beschlagnahmen. Dies folgt auf 75 Jahre Vertreibung, ethnische Säuberung und Apartheid.

Die Kultur hat eine wesentliche Rolle bei der Normalisierung dieser Ungerechtigkeiten gespielt. Israelische Kulturinstitutionen, die oft direkt mit dem Staat zusammenarbeiten, waren jahrzehntelang entscheidend daran beteiligt, die Enteignung und Unterdrückung von Millionen Palästinensern zu verschleiern, zu tarnen und zu verbrämen.

Wir haben eine Rolle zu spielen. Wir können uns nicht guten Gewissens mit israelischen Institutionen zusammentun, ohne ihre Beziehung zu Apartheid und Vertreibung zu hinterfragen. Dies war die Position, die unzählige Autoren gegen Südafrika einnahmen; es war ihr Beitrag zum Kampf gegen die Apartheid dort.

Deshalb: Wir werden nicht mit israelischen Kulturinstitutionen zusammenarbeiten, die sich an der überwältigenden Unterdrückung der Palästinenser mitschuldig machen oder stumme Beobachter geblieben sind. Wir werden nicht mit israelischen Institutionen zusammenarbeiten, einschließlich Verlagen, Festivals, Literaturagenturen und Publikationen, die

  1. sich an der Verletzung palästinensischer Rechte mitschuldig machen, unter anderem durch diskriminierende Richtlinien und Praktiken oder durch Schönfärberei und Rechtfertigung der israelischen Besatzung, Apartheid oder des Völkermords, oder
  2. die unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes, wie sie im Völkerrecht verankert sind, nie öffentlich anerkannt haben.

Mit diesen Institutionen zusammenzuarbeiten bedeutet, den Palästinensern zu schaden, und deshalb rufen wir unsere Schriftstellerkollegen, Übersetzer, Illustratoren und Buchhändler auf, sich uns in diesem Versprechen anzuschließen. Wir rufen unsere Verleger, Lektoren und Agenten auf, sich uns anzuschließen, Stellung zu beziehen, unser eigenes Engagement und unsere eigene moralische Verantwortung anzuerkennen und die Zusammenarbeit mit dem israelischen Staat und mit mitschuldigen israelischen Institutionen einzustellen.“

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Nicht zum Komplizen werden", UZ vom 8. November 2024



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Tasse.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit