Noch ist die Partei zu retten!

Von Rudi Hechler, Mörfelden-Walldorf

Zugegeben, gerne schreibe ich die folgenden Zeilen nicht. Das kostet Zeit, die man für wichtigere Dinge brauchen würde. Aber einige Artikel in der UZ, die Leserbriefe und Parteiaustritte, die ich kenne, weisen auf einen Parteizustand hin, der besorgniserregend ist.

Dazu eine wachsende feindselige Stimmung, wie in den Jahren nach 1989. Gruppierungen statt Gemeinsamkeit. Die Gruppen damals nannte man Bewahrer oder Erneuerer, oder auch Zentristen. Alles ungenaue Zuweisungen. Aber überall der „schale Verdacht in den Augenwinkeln“, wie Degenhardt mal formulierte. Die Partei fast tot, die UZ konnte nicht mehr erscheinen. Außer den genannten Hauptgruppen mit ihren bekannten Namen, gab es auch damals die Namenlosen in der Partei. Die nicht gewohnt waren, untereinander zu streiten, wir verloren viele. Manche sind aus- aber nicht weggetreten – ein Glück für die folgenden Jahre.

Nun gibt es verstärkt seit den März-Tagen 2013, als zum zweiten Mal der Parteitag in unserem Bürgerhaus – dem ehemaligen Volkshaus – tagte, ein z. T. bösartiges Klima, das ich nur noch schwer ertragen kann. Da schreibt einer denunziatorisch: „Die DKP Mörfelden hat als ersten Link (auf ihrer Webseite) immer noch kommunisten.de/Leo und Konsorten.“ Ich habe nicht zurückgeschrieben: „Schnell einen Eispickel her!“

Da gibt es UZ-Einschätzungen zu Griechenland, z. B. von Patrik Köbele, die ich nicht teilen kann. Gibt es da kein Kollektiv mehr, das mitformuliert und verantwortet? Oder ist der Vorsitzende auch der Vorschreibende?

Auch die UZ-Titelstory vom 3. Juli kommt nicht ohne Besserwisserei aus. Haben wir schon wieder auf alles eine Antwort? Sind die kommunistischen Parteien der Zukunft so wie die KKE?

Können Ratschläge deutscher Genossen nicht auch zurückhaltender ausfallen?

Natürlich stimmt der Köbele-Satz „Da hilft keine Politik des kleineren Übels, da helfen nur revolutionäre Kleinarbeit und Klassenkampf.“ Was aber haben wir, die DKP mit ihren wenigen Leuten, da anzubieten?

Manchmal denke ich: Diese DKP wird klein und rein – und impotent!

Wie oft kommen denn die Gruppen zusammen? In welchen Bündnissen arbeiten wir aktiv?

Sind unsere Leute noch im Gespräch mit den Menschen? Nehmen wir noch regelmäßig Stimmungen auf und regieren drauf? Ist unserer Sprache noch in Ordnung? Wieviel regelmäßige Zeitungen und Infostände gibt es?

Ich kann mir’s hier nicht verkneifen – unsere Zeitung: „blickpunkt“ hat nach wie vor 15 000 Monatsauflage!

Die DKP hat seit Entstehung Erfahrungsschätze gesammelt. Wir können darauf aufbauen. Wir brauchen Diskussionen vor allem aber einer anerkannte DKP die wieder bekannt wird.

Ich war 25 Jahre Abgeordneter unserer Partei in unserer Stadt. Öffentlichkeitsarbeit ist mir wichtig. Wer wieder eine Klein-Zeitung machen will, dem kann man helfen.

Auf unserer Webseite kann man viele Vorschläge für Öffentlichkeitsarbeit abrufen. Hier gibt es auch einen Kurs dazu: www.dkp-mw.de/archiv/11/LiMA.pdf

Dieser Tage wurde ich gefragt, ob ich weiter diese Entwicklung mittragen wolle. Ich erinnerte an den Brecht-Kreidekreis. Den Streit um das Kind. „Ich hab’s aufgezogen, soll ich’s denn zerreissen?“, fragt Grusche zum Schluss verzweifelt.

Viele ältere Genossen kennen den Weg von der Illegalität über die DKP-Neukonstituierung und -Entwicklung. Sie haben die DKP mitgeformt. Austreten ist kein Weg. Alles schlucken aber auch nicht.

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An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Noch ist die Partei zu retten!", UZ vom 24. Juli 2015



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