USA suchen Gründe für INF-Ausstieg

Offensive fürs Publikum

Von www.german-foreign-policy.com

Europa steht womöglich vor einer neuen Welle der Aufrüstung mit nuklear bestückten Mittelstreckenraketen. Die Vereinigten Staaten haben Moskau ein Ultimatum gestellt: Russland soll binnen 60 Tagen angebliche Verstöße gegen den INF-Vertrag einstellen; andernfalls werde Washington das Abkommen kündigen. Nachvollziehbare Beweise für die angeblichen Verstöße liegen ebensowenig vor wie tragfähige Beweise für die angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen vor dem Überfall auf den Irak. Belegbare Hinweise aus Russland, denen zufolge die USA mit dem Aufbau der NATO-Raketenabwehr in Rumänien und Polen den INF-Vertrag brechen, spielen in der westlichen Debatte nach wie vor keine Rolle. Die NATO-Außenminister haben am 4. Dezember Russland die Schuld am Ende des Abkommens gegeben.

Um die europäischen NATO-Mitglieder zur Unterstützung des bevorstehenden US-Ausstiegs aus dem INF-Vertrag zu bewegen, hat Washington eine „Informationsoffensive“ gestartet. So hieß es etwa, US-Stellen hätten ihren Verbündeten Zugang zu Geheimdienstmaterialien gewährt, darunter ein Satellitenfilm von der Flugbahn eines angeblich landbasierten russischen Marschflugkörpers SSC 8.

Räumt Moskau die angeblichen Verstöße gegen den INF-Vertrag nicht ein und beendet es sie nicht binnen 60 Tagen, dann werden die Vereinigten Staaten den Vertrag kündigen. Zur Begründung dafür, dass die Kündigung nicht sofort ausgesprochen wurde, hieß es, den europäischen Verbündeten solle Zeit gegeben werden, „den Politikwechsel ihrem heimischen Publikum zu erklären“. Über die Hintergründe der Vertragskündigung äußerte Pompeo, die Vereinigten Staaten hätten „keinen Grund“, diesen „entscheidenden militärischen Vorteil“ – gemeint war der Besitz von Mittelstreckenraketen – „weiterhin revisionistischen Mächten wie China zu überlassen“.

Unklar ist, welche Folgen das mutmaßliche Ende des INF-Vertrags haben wird. In Washington heißt es bereits, man wolle so rasch wie möglich mit der Produktion eigener Mittelstreckenraketen beginnen. Denkbar ist neben der Aufstellung der Waffen in Ost- und Südostasien eine erneute Aufrüstung mit nuklearen Mittelstreckenraketen in Europa.

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"Offensive fürs Publikum", UZ vom 14. Dezember 2018



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