Sanktionen mit Folgen

Mali, Burkina Faso und Niger haben am Sonntag erklärt, mit sofortiger Wirkung die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS zu verlassen. In einer gemeinsamen Erklärung der Regierungen der drei Länder heißt es, 49 Jahre nach ihrer Gründung habe ECOWAS sich „von den Idealen ihrer Gründungsväter und dem Panafrikanismus“ entfernt. „Darüber hinaus ist ECOWAS unter dem Einfluss ausländischer Mächte zu einer Bedrohung für ihre Mitgliedstaaten und Bevölkerungen geworden, deren Glück sie eigentlich gewährleisten sollte.“

Nach Militärputschen in Mali, Burkina Faso und Niger war die ECOWAS-Mitgliedschaft dieser Länder jeweils suspendiert worden. Die Wirtschaftsgemeinschaft verhängte Sanktionen und drohte im Falle Nigers sogar mit militärischer Intervention.

Im Kampf gegen den Terror habe ECOWAS die Sahel-Staaten alleine gelassen, kritisiert die gemeinsame Erklärung. Als die drei Länder sich entschlossen hätten, „ihr Schicksal in die eigenen Hände“ zu nehmen, habe die Wirtschaftsgemeinschaft „illegale, illegitime, unmenschliche und unverantwortliche Sanktionen“ verhängt, die ihren eigenen Statuten zuwiderliefen. Das habe die Bevölkerungen weiter geschwächt, die schon seit Jahren unter der Gewalt „instrumentalisierter und ferngesteuerter Terroristenhorden“ litten.

Eine formelle Austrittserklärung der drei Staaten sei noch nicht eingegangen, erklärte die ECOWAS-Kommission am Abend des 28. Januar. Das ECOWAS-Statut sieht vor, dass die Mitgliedschaft schriftlich mit einer Frist von zwölf Monaten kündbar ist. Bis der Austritt wirksam wird, sind die Pflichten der Mitgliedschaft zu erfüllen.

Der Austritt der Sahel-Staaten hat weitreichende Folgen: Bürger der Mitgliedstaaten genießen Freizügigkeit, innerhalb der Wirtschaftsgemeinschaft gilt Zollfreiheit. Die Sahel-Staaten sind Binnenländer und auf die Küstenhäfen ihrer südlichen Nachbarländer angewiesen. Die Abhängigkeit ist jedoch durchaus beidseitig: Côte d’Ivoire etwa hat den Hafen von Abidjan kürzlich für viel Geld ausgebaut, um dort Lithium aus Mali lagern und verladen zu können.

Für die Länder der Sahel-Allianz bedeutet der ECOWAS-Austritt einen weiteren Schritt in Richtung Unabhängigkeit von Frankreich. Der nächste Schritt müsste die Schaffung einer eigenständigen, nicht von Frankreich kontrollierten Währung sein. Äußerungen von Regierungsmitgliedern Malis, Burkina Fasos und Nigers legen nahe, dass darüber nachgedacht wird.

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"Sanktionen mit Folgen", UZ vom 2. Februar 2024



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