Verhandlungen zur Beendigung des Krieges im Jemen haben begonnen

Schritte zum Frieden

„Jemen wird zu Saudi-Arabiens Albtraum“ titelte die „Süddeutsche Zeitung“ vor mehr als einem Jahr. In Wirklichkeit ist der Krieg Saudi-Arabiens ein Albtraum für die Menschen im Jemen. Zuletzt kamen bei einer Massenpanik mehr als 80 Menschen zu Tode. Eine Wohltätigkeitsaktion im Rahmen des Ramadan geriet völlig außer Kontrolle. In der Hauptstadt Sanaa hatten einige Händler unkoordiniert Geld an eine große Menschenmenge verteilt. Ein Stromausfall, ein Knall und womöglich Schüsse hatten zu einer Massenpanik und einem tödlichen Gedränge geführt. Mindestens 85 Tote und hunderte Verletzte waren die Bilanz – es zeigt, wie groß die Not im Jemen tatsächlich ist.

Für Saudi-Arabien war der Krieg nie eine humanitäre Katastrophe – wurde aber doch von Jahr zu Jahr mehr zu einem Desaster. Denn statt in einem kurzen Feldzug die Ansarallah zu vernichten, behaupteten sich diese. Trotz massiver Unterstützung durch die USA, Britannien und Staaten der EU geriet Saudi-Arabien militärisch unter Druck, die Ansarallah griffen zunehmend Ziele in Saudi-Arabien an. Der US-Think-Tank „Middle East Institute“ beschrieb die Entwicklung so: „Das Ziel Saudi-Arabiens war nicht mehr, die Ansarallah zu besiegen, sondern die eigenen Grenzen zu schützen.“

Infrastruktur und Militäreinrichtungen in Saudi-Arabien wurden zum Ziel von Raketen- und Drohnenangriffen, Saudi-Arabien suchte einen Weg heraus aus dem teuren Militärabenteuer und hin zu einer diplomatischen Lösung. Das Ziel der Regierung war schließlich immer noch, das Land mit der „Vision 2030“ auf die Zeit nach dem Öl-Boom vorzubereiten. Oman spielte eine wichtige Rolle als Vermittler und schuf die Grundlagen, die chinesische Initiative für eine Annäherung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien förderte den Verhandlungsweg.

Als endgültiges Signal, dass nun ernsthafte Verhandlungen beginnen können, gilt das Foto, das den Handschlag zwischen Mahdi al-Maschat, Verhandlungsführer der Ansarallah, und Mohammed al-Dschaber, Botschafter von Saudi-Arabien, zeigt. Für manche Beobachter im Westen kam es so überraschend, dass sie es zunächst für ein Fake hielten. Aber nein, es ist echt.

Eine Delegation des saudischen Außenministeriums hatte Sanaa besucht und dort Verhandlungen über die humanitäre Situation, einen Waffenstillstand und eine umfassende politische Lösung geführt. Die sogenannte „international anerkannte Regierung des Jemen“ – der Präsidialrat, der in Saudi-Arabien residiert – spielte hierbei keinerlei Rolle. Ohne die Unterstützung Saudi-Arabiens ist der Präsidialrat ohnehin nicht existenzfähig.

Praktische Auswirkungen hatte die Suche nach einer Verhandlungslösung zunächst für Kriegsgefangene. Mitte April wurden mehr als 900 Gefangene beider Seiten ausgetauscht, weitere Verhandlungen soll es im Mai geben, dabei wird es sogar um 1.400 Gefangene gehen.

Für ein Ende des Krieges wäre jedoch selbst eine Einigung zwischen den Ansarallah und der Regierung Saudi-Arabiens alleine nicht ausreichend. Schließlicht gibt es noch den Übergangsrat im Süden, der – unterstützt von den Vereinigten Arabischen Emiraten – die Unabhängigkeit des südlichen Landesteils anstrebt.

Vorerst bieten die laufenden Verhandlungen positive Perspektiven. Das saudische Außenministerium nennt sie transparent, positiv und konstruktiv. Und auch ein Vertreter des Politischen Büros der Ansarallah sprach von positiver Atmosphäre und Fortschritten und forderte Saudi-Arabien auf, den Friedensprozess fortzusetzen. Saudi-Arabien müsse den Einschränkungen und dem Druck des Westens widerstehen, der eine Fortsetzung des Krieges verlange.

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"Schritte zum Frieden", UZ vom 5. Mai 2023



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