Am vergangenen Wochenende kam der Parteivorstand der DKP in Leverkusen zu seiner 12. und damit letzten Tagung vor dem 26. Parteitag zusammen. Dieser wird vom 20. bis 22. Juni in Frankfurt am Main stattfinden.
Neben aller nötigen Parteitagsvorbereitung nahm sich der Vorstand eines Themas an, das seit Längerem fällig war. „Flucht und Migration, kommunistische Analyse und Positionen“ war das Thema des Hauptreferates, das Vincent Cziesla, UZ-Redakteur und Mitglied des Parteivorstandes, hielt. Die Frage, ob wir uns für oder gegen Migration aussprechen, sei etwa so sinnvoll, wie für oder gegen das Wetter oder den Tag-Nacht-Wechsel zu sein, so Cziesla. „Migrationsprozesse finden im Kapitalismus schlicht statt und folgen dabei gewissen Gesetzmäßigkeiten.“ Es gehe also um andere Fragen. Cziesla nannte unter anderem: „Welche Ursachen und Folgen haben die unterschiedlichen Formen von Migration? Welche Probleme sind damit für die Arbeiterklasse verbunden – sowohl im Herkunfts- als auch im Ankunftsland? Wie kann es gelingen, der Spaltung der Klasse entgegenzuwirken und einen gemeinsamen Kampf zu organisieren?“
Die hinter der bürgerlichen Asyl- und Migrationspolitik stehenden kurz- und mittelfristigen Ziele seien vielfältig, so der Referent. Es gehe darum, Rassismus zu befeuern und die Arbeiterklasse zu spalten. Es gehe um die Ablenkung von Krieg und Krise und das Umlenken von sozialem Protestpotential. Es gehe darum, Sündenböcke für das Versagen der Daseinsvorsorge – zum Beispiel im Wohnungsbau – zu präsentieren. „Aber es geht auch darum“, so Cziesla, „unter dem Deckmantel der Migrationspolitik demokratische Rechte zu schleifen, die Polizei hochzurüsten, die Militarisierung zum Beispiel an den Grenzen voranzutreiben und sozialen Kahlschlag zu rechtfertigen.“ Auf der strategischen Ebene gehe es aber vor allem darum, das vorhandene Reservoir an Arbeitskräften an die Verwertungsinteressen des deutschen Kapitals anzupassen. Das Aussortieren von Menschen nach ihrer ökonomischen Verwertbarkeit sei die Konstante der bürgerlichen Migrationspolitik und der Konsens, der sich bei den politischen Parteien von AfD bis SPD wiederfinde.
Das Referat gab auch Hinweise zu den Aufgaben von Kommunistinnen und Kommunisten. Diese wurden in der Diskussion durch Erfahrungsberichte unter anderem von Shabnam Shariatpanahi und Sascha Bartels aus Duisburg ergänzt. Beide nahmen als Gäste an der PV-Tagung teil und führen im Stadtteil Marxloh konkrete Kämpfe nicht für, sondern mit Migrantinnen und Migranten. UZ wird das Referat von Vincent Cziesla in der kommenden Ausgabe in Auszügen dokumentieren.
In einem zweiten Referat befasste sich Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, unter anderem mit den neuesten Auswüchsen des reaktionär-militaristischen Gesellschaftsumbaus. In dem Maße, in dem Kriegspolitik und Hochrüstung zu Lasten der Bevölkerung vorangetrieben werden, werde auch die Repression zunehmen. Die neueste Sanktionsliste der EU gegen Russland treffe zum ersten Mal EU-Bürger als Individuen, so Köbele. Es gehe um die deutschen Blogger Alina Lipp und Thomas Röper, die in der Russischen Föderation leben. „Ihre Vermögen werden in der EU eingefroren und es ist Banken, Betrieben, Unternehmen verboten, mit ihnen Geschäfte zu tätigen. Die Begründung: Ihre Blogs seien Teil der hybriden Kriegsführung Russlands.“ Mit „red-media“ werde auch ein nichtrussisches Medienportal eingeschränkt. „Mit solchen Begründungen sind Sanktionen gegen alles möglich, was sich mit Blick auf den Ukraine-Krieg und auf Palästina nicht den Regierungsnarrativen unterwirft“, so Köbele.
Mit Blick auf den fortgesetzten Völkermord in Gaza und der anhaltenden Waffenbrüderschaft der Bundesregierung mit Israel rief Köbele dazu auf, den Protest zu intensivieren. Der Parteivorstand beschloss, einen Initiativantrag zur Solidarität mit Palästina an den 26. Parteitag zu stellen.
Köbele bilanzierte zudem die zurückliegenden Aktivitäten der Friedens- und Arbeiterbewegung, die Ostermärsche, die zahlreichen Aktivitäten zu den Jahrestagen der Befreiung, den 1. Mai und die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst. Eine Klammer: Bei allen Aktionen sammelten Mitglieder der DKP Unterschriften unter den Berliner Appell gegen die Stationierung neuer US-Atomraketen in Deutschland. Die DKP hatte beschlossen, bis zum 26. Parteitag 10.000 Unterschriften zu dieser wichtigen Sammlung der Friedensbewegung beizusteuern. Bereits jetzt sind es mehr als 16.000 Unterschriften, die die DKP gesammelt hat. „Sehr gut – weitermachen“, so der Vorsitzende.
Zu den Jahrestagen rund um den 8. und 9. Mai wertete Köbele positiv aus, dass es an verschiedenen Orten gelungen sei, die Kontakte zur russischstämmigen Bevölkerung und insbesondere zum „Unsterblichen Regiment“ zu intensivieren. „Wir sollten darum ringen, dies zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit vor allem im Friedenskampf zu machen.“ Im Zusammenhang mit der erfolgreichen Friedensdemonstration in Torgau am 26. April mit mehr als 1.000 Teilnehmern, die maßgeblich von der DKP vor Ort organisiert worden war, wies Köbele Vorwürfe der Zusammenarbeit mit rechten Kräften zurück. Parallel zu der Veranstaltung habe eine zweite Kundgebung „Torgau für Frieden“ stattgefunden. Wie zuvor richtig eingeschätzt, sei sie von der AfD und anderen rassistisch-faschistischen Gruppen wie den sogenannten „Freien Sachsen“ dominiert worden. Deshalb sei es zu keiner Zusammenarbeit gekommen. „Von schlecht informierten, aber möglicherweise interessierten Kreisen wird nun versucht, die Trennung dieser Veranstaltungen zu übersehen und einmal mehr das Gerücht der ‚Rechtsoffenheit‘ der Friedensbewegung zu streuen.“ Leider beteilige sich daran auch der Bundesausschuss der VVN-BdA, der auf der Homepage der antifaschistischen Organisation einen Artikel unter der Überschrift „Wer mit Nazis marschiert, hat nichts kapiert!“ veröffentlicht habe. Dass darin enthaltene Falschinformationen trotz Richtigstellungen von Beteiligten nicht korrigiert wurden, sei ein Problem.
Vorfreude auf den 26. Parteitag machte Köbele mit Blick auf den geplanten Erfahrungsaustausch zur Betriebs- und Gewerkschaftspolitik: „Wir konnten in der jüngsten Zeit mehrfach über kleine, aber wichtige Fortschritte in unserer Arbeit in diesem Bereich berichten. Auf dem Parteitag können wir nun gleich zweimal gratulieren, nämlich zur Gründung einer Betriebsgruppe Post in Kassel und einer Betriebsgruppe Bahn in Berlin.
Der Parteitag wird auch eine neue Führung wählen. Mit dem einmütig verabschiedeten Personalvorschlag werden erneut Patrik Köbele als Vorsitzender der DKP und Wera Richter als seine Stellvertreterin kandidieren. Mit Björn Blach, verantwortlich für Organisationspolitik, wird ein zweiter Stellvertretender Vorsitzender zur Wahl vorgeschlagen. Insgesamt umfasst der Vorschlag 28 Genossinnen und Genossen, darunter auch die Bundesvorsitzende der SDAJ, Andrea Hornung.
Die gewachsene Kampfgemeinschaft von DKP und SDAJ wird auch vor dem Parteitag noch einmal unter Beweis gestellt – mit Spaß dabei. Gäste und Helferinnen und Helfer der DKP sind auf dem Festival der Jugend vom 6. bis 9. Juni im Volkspark Bottrop herzlich willkommen!