In zwei Wochen findet das Festival der Jugend in Bottrop statt

Die Kultur des Widerstands leben

An Pfingsten findet im Bottroper Volkspark Batenbrock das Festival der Jugend unter dem Motto „Zeit für Widerstand!“ statt. UZ sprach mit Simon Massone von der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), Gesamtkoordinator des Festivals, über das Programm, den Charakter und die politischen Schwerpunkte.

UZ: Für die, die es noch nicht kennen: Was ist das Besondere am Festival der Jugend und wodurch unterscheidet es sich von anderen Festivals?

Simon Massone: Das Festival der Jugend ist kein Festival wie jedes andere. Es ist ein Ort, an dem politisches Engagement auf solidarische Kultur trifft, an dem wir gemeinsam feiern, diskutieren und Ideen entwickeln. Das Festival der Jugend ist etwas Besonderes, weil es viel mehr ist als nur ein Haufen Programmpunkte. Es geht auch nicht darum, Politik irgendwie nett zu verpacken oder ein bisschen Kultur als Deko zu benutzen. Was wir da auf die Beine stellen, ist keine Party mit einem politischen Flyer am Eingang. Uns geht es darum, Politik, Kultur und auch Feiern auf eine ehrliche Weise zu verbinden. Klar, es gibt Musik, Theater, Lesungen, Kunst, aber nicht, weil das dazugehört, sondern weil diese Ausdrucksformen Teil unseres politischen Lebens sind.

Was das Festival besonders macht, ist, dass dort wirklich eine Kultur zusammenkommt, die aus der Lebensrealität von Schülerinnen, Azubis, Studierenden und jungen Arbeiterinnen entsteht. Es geht um echten Austausch, um politische Diskussionen ohne Tabus, um solidarisches Miteinander.

Ein weiterer Unterschied zu anderen Festivals ist die Art der Organisation. Das Festival wird vollständig ehrenamtlich organisiert, ohne kommerzielle Sponsoren, ohne Profit. Der Eintritt ist frei, um allen die Teilnahme zu ermöglichen, unabhängig vom Geldbeutel. Dafür sind wir noch auf solidarische Beiträge, Spenden und ein Crowdfunding angewiesen, das es ermöglicht, Künstlerinnen und Künstler fair zu bezahlen und die Infrastruktur bereitzustellen.

Das Festival der Jugend ist ein Ort, an dem junge Menschen gemeinsam Widerstand organisieren, sich vernet­zten und Kraft tanken für die kommenden Kämpfe. Es ist ein Festival von Jugendlichen für Jugendliche, das zeigt, dass eine andere Welt möglich ist, wenn wir sie gemeinsam gestalten.

UZ: Zwischen „Zeitenwende“ und „Kriegstüchtigkeit“ wird gerade die Jugend unter Druck gesetzt: zum Beispiel durch die drohende Wehrpflicht, hohe Lebenskosten und Einsparungen im Bildungsbereich. Wie hilft das Festival dabei, Widerstand zu entwickeln?

Simon Massone: Es stimmt, ob Diskussion um die Wehrpflicht, steigende Mieten, kaputte Schulen oder Sozialkürzungen, vor allem die Jugend spürt, dass die „Zeitenwende“ auf unserem Rücken ausgetragen wird.

210802 Portrait Simon Massone - Die Kultur des Widerstands leben - Bottrop, Festival der Jugend 2025, SDAJ, Simon Massone - Kultur

Inhaltlich ist der Antimilitarismus dieses Jahr ein zentraler Schwerpunkt. Es gibt zum Beispiel Runden zur Militarisierung an Schulen, zur geplanten Wehrpflicht, zur Rolle der Bundeswehr in der Gesellschaft und zum allgemeinen Drang nach Krieg im Kapitalismus. Aber das bleibt nicht auf einer abstrakten Ebene. Es wird konkret gefragt: Wie sieht Militarisierung im Alltag aus? Wie begegnen wir Jugendoffizieren an der Schule? Wie wehren wir uns gegen Zwangsmusterungen oder das Normalisieren von Krieg in Medien und Unterricht?

Gleichzeitig greifen wir auch die sozialen Krisen auf, die junge Menschen betreffen. Es gibt Workshops zu schlechten Ausbildungsbedingungen, zur Unterfinanzierung von Schulen oder zum Druck durch das Leistungsprinzip im Bildungssystem. Auch die Angriffe auf die Arbeitszeit und das Streikrecht oder der Reallohnverlust sind Themen, die ganz praktisch an unserer Lebensrealität ansetzen und bei denen wir auch diskutieren werden, wie Widerstand aussehen kann, ob in der Schule, an der Uni oder im Betrieb.

Und das Festival schafft Räume, in denen wir uns zusammentun können mit Gleichaltrigen, mit Bündnispartnern, mit internationalen Gästen oder mit erfahrenen Genossinnen und Genossen.

UZ: Worauf können sich Besucherinnen und Besucher jenseits der politischen Runden freuen?

Simon Massone: Die Besucher erwartet eine ganze Menge. Unser Musikprogramm kann sich wirklich sehen lassen. Mit Acts wie OTPendia, EmiX, Vizzion, Masur, PrttyBlu sowie Dissy und Drama Kuba haben wir eine Mischung aus linkem Rap, deutschem Hyperpop und spannenden Newcomer-Sounds am Start.

Neben den Konzerten und den politischen Runden gibt es auch Lesungen, Vorträge, Filme und kreative Angebote zum Mitmachen.

Es gibt etwa eine Lesung von Mesut Bayraktar, der aus seinem Buch über Migration liest. Marcus Staiger wird über die Geschichte und die Bedeutung von HipHop sprechen. Silvia Gingold liest aus Texten ihres Vaters Peter Gingold, einem Widerstandskämpfer gegen den Faschismus, und berichtet von Berufsverboten. Oder Kai Degenhardt, der sich mit der Geschichte des Arbeiterlieds auseinandersetzt, nicht nur nostalgisch, sondern mit Blick darauf, was darin an Erfahrungen und politischer Kraft steckt. Auch Dietmar Dath wird da sein und über Science-Fiction aus politischer Perspektive sprechen, ein Format, das wir mit der Redaktion der „POSITION“ gemeinsam gestalten.

Überhaupt spielt die „POSITION“, unser Verbandsmagazin, auf dem Festival eine zentrale Rolle. Es gibt einen eigenen Bereich auf dem Platz, in dem vergangene Ausgaben ausgestellt sind, historische Bilder zu sehen sind, Lesungen stattfinden und Redakteurinnen für Gespräche vor Ort zur Verfügung stehen. Die „POSITION“ begleitet das Festival journalistisch. Für viele ist das auch ein Ort, an dem sie merken, dass sie selbst Teil dieser publizistischen Arbeit werden können, sei es durch Beiträge, Fotos oder Aktionsberichte.

Und wer sich zwischen den Diskussionsrunden, Konzerten und Lesungen bewegen will, kann das auch. Das Sportprogramm reicht von morgendlichem Yoga über Fußballturniere bis zum berüchtigten „Hamburger Fünfkampf“. Für uns gehört das genauso zum Festival wie die Diskussionen, weil auch hier Gemeinschaft, Fairness und die Freude an der gemeinsamen Aktivität spürbar werden.

Ein Höhepunkt in diesem Jahr wird die Kuba-Jugendkonferenz sein, bei der die Forderung nach einem Ende der US-Blockade im Mittelpunkt steht.

UZ: Hast du ein persönliches Programm-Highlight?

Simon Massone: Mein persönliches Highlight ist, dass die PDYU, unsere Schwesterorganisation aus Palästina, am diesjährigen Festival teilnehmen wird. Genossinnen und Genossen reisen extra dafür nach Deutschland. Sie sind im Programm in der Runde „Free Palestine“ eingebunden und werden dort zur aktuellen Situation in Palästina sprechen. Darüber hinaus gibt es beim Meeting International auch die Möglichkeit, persönlich mit ihnen und weiteren internationalen Gästen zu sprechen.

UZ: Ein starkes, solidarisches Programm. Im Erleben wird das Festival aber noch mehr sein als die Summe seiner Teile, wenn ich dich richtig verstehe?

Simon Massone: Im Zukunftspapier, der programmatischen Grundlage der SDAJ, halten wir fest: Die Jugend hat ein Recht auf Freizeit. Und zwar unabhängig vom Geldbeutel! Es kann nicht sein, dass Jugendliche aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, weil sie sich den Freibad-, Kino- oder Festival-Besuch nicht leisten können. Im Kapitalismus wird alles zur Ware, mit allem muss Profit gemacht werden.

Unser Ziel ist es, mit dem Festival der Jugend einen Ansatz von Gegenkultur zu schaffen, der uns nicht in die einsame Konsumentenrolle drängt. Es geht nicht um Konsum, nicht um Headliner oder Kommerz, sondern darum, eine Kultur des Widerstands zu leben, die Mut macht, verbindet und niemanden ausschließt. Es ist eine Gegenkultur, die zeigt, dass wir unsere eigenen Räume schaffen können, in denen unsere Erfahrungen als Jugend, unsere Kritik und unsere Ideen Platz haben. Das Festival der Jugend ist auch ein Ort, an dem wir gemeinsam für eine Idee einstehen, gemeinsam solidarisch an der Umsetzung arbeiten, egal was die Einzelnen dazu beitragen können.

Das System, das unserer Freizeit ein Preisschild aufdrückt, gehört abgeschafft. Auf dem Festival der Jugend erleben viele Jugendliche das erste Mal ein Miteinander, das geprägt ist von Solidarität statt Konkurrenz, ganz wie im Sozialismus. Alleine das ist schon Grund genug, vorbeizukommen und das Festival zu unterstützen!

Festival der Jugend
6. bis 9. Juni im Volkspark ­Batenbrock in Bottrop
Tageseintritt: frei
Übernachtungsticket: ab 35 Euro (drei Tage Übernachtung mit Frühstück und Mittagessen)
Solidaritätspreis: 48 Euro
Spendenticket: 75 Euro
Tickets bei der SDAJ-Gruppe in deiner Stadt oder an der Abendkasse vor Ort
Weitere Informationen unter: www.festivalderjugend.de
Fragen gerne an: info@festivalderjugend.de
Crowdfunding: uzlinks.de/FdJ

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"Die Kultur des Widerstands leben", UZ vom 23. Mai 2025



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