Die Kommunen sind am Ende – auch wegen des Rüstungswahns

Trotzdem rüsten?

Wenn Milliarden aus dem Sondervermögen in öffentliche Infrastruktur fließen, muss das auch bei den heimischen Stahlherstellern ankommen“ so der zweite Mann der IG Metall, Jürgen Kerner, vor dem Stahlgipfel im Kanzleramt.

Kann diese Schlussfolgerung richtig sein, wenn schon die Grundannahme nicht stimmt?

Richtig ist: Die großen Koalitionäre von CDU/CSU und SPD rühmen sich damit, dass aktuell so viel staatliches Geld in Investitionen fließe wie noch nie. Marode Brücken und Autobahnen sollen umgebaut werden, damit sie panzertauglich sind. Die Sanierung von Bahntrassen und Bahnhöfen wird beschlossen, im Gegenzug erhält die Bundeswehr auf der Schiene Vorrang vor zivilen Zügen. Über 800 Millionen Euro wurden für die Miete und den Betrieb von Flüssiggasterminals ausgegeben, damit das Gas-Embargo gegen Russland durchgesetzt werden konnte. In die „Sofort-Transformationskosten Krankenhäuser“ werden ebenfalls 1,5 Milliarden gesteckt, während die Kliniken auf die Versorgung von Verletzten im Kriegsfall ausgerichtet werden, anstatt bestehende Lücken in der zivilen Versorgung zu schließen.

Die Milliarden, die investiert werden, werden also nicht in öffentliche Infrastruktur, sondern in militärisch nutzbare Infrastruktur gesteckt.

Richtig ist auch: „Stellenabbau, fehlende Investitionen und Unterfinanzierung führen zu maroden Schulen, langen Wartezeiten, fehlenden Kita-Plätzen, unpünktlichem ÖPNV, Wohnungsmangel und chronisch überlastetem Personal im öffentlichen Dienst.“ So steht es im Aufruf zur Kundgebung „Kommunen am Limit“am kommenden Samstag in Stuttgart, zu der Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und verschiedene politische Gruppen und Parteien aufrufen. Mehr Personal, höhere Löhne und eine Vermögensteuer für Milliardäre sollen das dringend notwendige Geld in die Kommunen lenken.

Das Geld, das schon lange in den Kommunen fehlt, ist richtigerweise aus den Profiten der Großkonzerne und den akkumulierten Privatvermögen der Superreichen zu holen. Doch der soziale Kahlschlag und der Abbau demokratischer Rechte, den wir aktuell erleben, ist die Kehrseite der Kriegspolitik der Bundesregierung. Die Aufrüstung unseres Landes im Rahmen der vom Kanzler ausgegeben Zielstellung, die „stärkste Armee Europas“ aufzubauen, wird mit dem Abbau der einst erkämpfen sozialen Absicherungen finanziert. Wenn wir nicht darauf vertrauen wollen, dass „die da oben“ endlich zur Vernunft kommen, dann müssen wir sie zwingen, in unser Land statt in den Krieg zu investieren.

Gewerkschafts- und Friedensbewegung könnten miteinander ein Potential entwickeln, das den Alltag von Millionen Menschen verbessert: Nur mit einer Rücknahme aller Kriegskredite und Kriegsschulden kann wieder öffentliches Geld in nicht-militärische Bereiche wie Bildung und Soziales fließen. Nur mit dem Stopp aller Kürzungen bei der öffentlichen Hand kann die Zerschlagung des Bildungs- und Gesundheitswesens aufgehalten werden.

Nur ein gemeinsames Wirken von Gewerkschafts- und Friedensbewegung kann den anstehenden Kämpfen im öffentlichen Dienst den Rücken stärken mit der Erkenntnis, dass die Jahre des Reallohnverlusts kein Ende nehmen werden, wenn es kein gemeinsames Eintreten gegen Hochrüstung und für eine funktionierende Daseinsvorsorge gibt!

Wer denkt, dass die Regierung den Geldregen nach Lust und Laune verteilt und dabei nicht der NATO-Aufrüstungsvorgabe für die Kriegsfähigkeit gegen Russland und China folgt, ist ohnmächtig gegen den Umbau von Staat und Gesellschaft, der auf den Krieg ausgerichtet und damit reaktionär und militaristisch ist. Wer „Soziales rauf!“ will, muss auch „Rüstung runter“ fordern.

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"Trotzdem rüsten?", UZ vom 7. November 2025



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