Laut einem Gutachten der Strategieberatungsgesellschaft EY-Parthenon kann die Meyer Werft jährlich bis zu fünf Fregatten oder andere größere Marineschiffe bauen (UZ vom 6. Dezember 2024). Keine andere Werft in Deutschland verfügt über derartige Kapazitäten wie Meyer mit den Trockendocks. Bund und Land Niedersachsen entschieden sich unter anderem auf Grundlage dieses Gutachtens für die Rettung der Werft.
Diese Vorlage griff nun der Chefsanierer und derzeitige Geschäftsführer der Meyer Werft, Ralf Schmitz, in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ auf. Er präsentierte Meyer als zukünftigen Rüstungsbetrieb, der in der Lage sei, vier bis fünf Fregatten in Serie zu bauen, wenn sich das Unternehmen auf Verteidigung konzentriere. Meyer fehle es bisher an Kompetenzen im Bereich Radar- und Waffensysteme, die das Unternehmen aber durch Partnerschaften und Zukäufe erwerben könne.
Ein Vorteil der Meyer Werft sind die überdachten Docks. Diese können von feindlichen Drohnen oder Satelliten nicht ausgespäht werden. Ein Sprecher der Werft sagte dem NDR ergänzend dazu: „Meyer hat zwar keine Kompetenz im Rüstungsbereich, könnte aber auch unkonventionelle Systeme herstellen.“ So könnte sich das Unternehmen beispielsweise durch den Bau schwimmender Plattformen für Drohnen oder unbemannter Hubschrauber an der Ostsee beteiligen. Diese werden derzeit erforscht. „Die Gedankenspiele sollen im kommenden Jahr abgeschlossen sein“, so der NDR.
Meyer versucht schon seit Längerem, neue Produktionssektoren zu erschließen, um nicht mehr allein von der Kreuzfahrtindustrie abhängig zu sein. Aber sowohl der Bau von Jachten für Superreiche als auch der von schwimmenden Hotels oder Umspannplattformen für Offshore-Windparks haben sich bisher als Fehlinvestitionen erwiesen.
Die Meyer Werft wäre langfristig sicherlich in der Lage, Kriegsschiffe in Papenburg zu fertigen, wie sie es bereits auf der Rostocker Neptun-Werft in Kooperation mit der Bremer Lürssen-Werft tut. Dort werden zwei Tankschiffe für die Bundesmarine mit einem Gesamtauftragsvolumen von 870 Millionen Euro gebaut. In Papenburg sind die Auftragsbücher allerdings bis 2031 gefüllt, so dass für den Bau von Marineschiffen derzeit keine Kapazitäten frei sind.
Nach Informationen des NDR ist die mögliche Umgestaltung der Werft für militärische Zwecke noch kein Thema im Aufsichtsrat gewesen, was auch der Betriebsrat bestätigte. Allerdings steht dieser dem möglichen Vorhaben anscheinend positiv gegenüber: „(B)esser Arbeit haben als keine Arbeit haben“, heißt es laut NDR dazu aus dem Betriebsrat.
Zwar hat die IG Metall auf ihrem letzten Gewerkschaftstag beschlossen, sich für Rüstungskonversion einzusetzen, also für die Umstellung von Rüstungs- auf zivile Produktion, doch gerade dort, wo Schließungen drohen, ist das Argument für den Schutz der Arbeitsplätze auch aus den Gewerkschaften zu hören.
So erklärte der Betriebsratsvorsitzende der Airbus Defence und Space, Thomas Pretzl, im Interview mit dem IGM-Mitgliedermagazin „Metall“: „Wir arbeiten für die Landes- und Bündnisverteidigung.“ Man sollte ihn an die Geschichte der imperialistischen Kriege erinnern, die von deutschem Boden ausgingen. Die Umstellung von Betrieben auf Rüstungsproduktionen dient der Kriegsvorbereitung. Und sie verspricht Superprofite für die Rüstungsmonopole.