Polizeibrutalität überzieht USA – Trump will „Antifa“ zur Terrororganisation erklären

Unruhen nach rassistischem Polizeimord

Nach dem Mord an George Floyd durch vier weiße Polizisten in Minneapolis in der vergangenen Woche kommt es in den USA weiterhin landesweit zu Protesten. Polizeieinheiten gehen teilweise brutal gegen die Demonstranten vor. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe am Dienstag hatten 40 Städte eine Ausgangssperre verhängt. 15 Bundesstaaten und der Hauptstadtbezirk Washington haben die Nationalgarde zum Einsatz gegen die Demonstrierenden mobilisiert, in einigen Staaten zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg in voller Stärke.

Medienberichten zufolge gab es mehrere Tote bei den Protesten, in Detroit und Indianapolis starben zwei Menschen durch Schüsse. Die zuständigen Behörden machten jedoch keine näheren Angaben zu den Toten oder zu den Schützen. Präsident Trump, der sich laut Medienberichten zeitweise in seinen Schutzbunker zurückgezogen hatte, droht mit dem Einsatz von Militär, wenn sich die Demonstranten nicht zurückziehen. Außerdem kündigte er auf dem Kurznachrichtendienst „Twitter“ an: „Die Vereinigten Staaten von Amerika wird die ANTIFA als terroristische Organisation einstufen“. Sie und die radikale Linke seien Schuld an der Gewalt, die die USA überzieht. „Gebt die Schuld nicht anderen.“

Am Montag mahnte Trump die Gouverneure der Bundesstaaten, die Situation in den Griff zu bekommen und die „Dominanz auf der Straße“ zurückzuerobern. Sollten die Gouverneure dem nicht Folge leisten, werde er das Militär schicken. „Während ich hier spreche, habe ich Tausende und Abertausende von schwerbewaffneten Soldaten, Armeeangehörigen und Polizisten in Gang gesetzt, um die Unruhen, die Plünderungen, den Vandalismus, die Angriffe und die wahllose Zerstörung von Eigentum zu stoppen“, so Trump bei einer Rede im Rosengarten des Weißen Hauses am Montag. Gleichzeitig prügelten berittene Polizisten mit Schlagstöcken und Tränengas Trump den Weg durch den Lafayette-Park frei, damit er sich im Anschluss an seine Rede mit einer Bibel in der Hand vor der St. John‘s Church fotografieren lassen konnte.

Mariann Edgar Budde, die zuständige Bischöfin, erklärte, die Erzdiözese distanziere sich von den „aufwiegelnden Worten dieses Präsidenten“. Trump habe ihre Kirche „ohne Erlaubnis“ besucht.

Von den vier Polizisten, die an der Tat beteiligt waren, wurde einer inzwischen des Mordes angeklagt. Die anderen befinden sich nach wie vor auf freiem Fuß.

„Schwarzsein in Amerika sollte kein Todesurteil sein“, so der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, als er bei einer Pressekonferenz die sofortige Entlassung der vier Polizisten verkündete.

Das ist es aber und darum geht es den Demonstrantinnen und Demonstranten. Es geht um Gerechtigkeit für George Floyd, aber es geht auch um den Rassismus in den USA, der jeden Tag tötet. Laut einem Bericht der Rutgers-Universität stirbt statistisch gesehen einer von 1.000 schwarzen Männern und männlichen Jugendlichen durch die Hände der Polizei – mehr als 2,5 Mal so viele wie weiße Männer. Die Todesrate durch Covid-19-Erkrankungen ist bei Schwarzen um ein Vielfaches höher als bei weißen US-Amerikanern, die Gesundheitsvorsorge für große Teile der afroamerikanischen Bevölkerung schlechter, genauso wie die Schulbildung und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. „Kein Job, kein Geld, Corona, Waffe im Gesicht“ – so fasst ein Transparent in New York die Lebenssituation vieler Afroamerikaner zusammen.

Du kannst auf viele Arten töten. Nur wenige sind in kapitalistischen Staaten verboten.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Unruhen nach rassistischem Polizeimord", UZ vom 5. Juni 2020



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