„Kneecap“ soll mundtot gemacht werden – weil sie zum Völkermord in Gaza nicht schweigen

Was ist das Verbrechen?

Die nordirische Hip-Hop-Band „Kneecap“ steht derzeit im Zentrum einer massiven politischen Kampagne – weil sie es gewagt hat, den Völkermord in Gaza offen zu benennen. Beim diesjährigen Coachella Festival in Kalifornien projizierten sie die Botschaft „Israel begeht Völkermord am palästinensischen Volk“ sowie „Fuck Israel – Free Palestine“ auf die Leinwand – bei tosendem Applaus aus dem Publikum.

Was folgte, war eine orchestrierte Repressionswelle: Medien, proisraelische Lobbygruppen und die britische Regierung mobilisierten gemeinsam eine Hetzkampagne. Die Band erhielt auch sofort Morddrohungen. „Kneecap“ wird inzwischen von britischen Anti-Terror-Behörden ins Visier genommen – auf Grundlage aus dem Zusammenhang gerissener, teils jahrealter Videoschnipsel. Musikmanagerin Sharon Osbourne forderte den Entzug ihrer USA-Visa und die Booking-Agentur Independent Artist Group beendete die Zusammenarbeit. Zugleich wurden mehrere Konzerte in Deutschland abgesagt – darunter Auftritte beim Hurricane und Southside Festival. Während Politiker darauf drängen, die Gruppe jetzt aus dem Programm des Glastonbury-Festivals zu streichen, verteidigen Künstler wie Pulp, Paul Weller, DJ Annie Mac, Christy Moore, Massive Attack und Primal Scream die Band.

„Kneecaps“ „Verbrechen“ war kein Aufruf zur Gewalt, sondern die Wahrheit – laut, unbequem, mit Massenzuspruch. In ihrer offiziellen Erklärung heißt es: „Alle zwei Millionen Palästinenser im Gazastreifen werden derzeit von Israel systematisch von Israel ausgehungert. Mindestens 20.000 Kinder wurden in Gaza getötet.“

Die Band weist jegliche Unterstützung für Hamas oder Hisbollah deutlich zurück und erklärt: „Wir verurteilen jede Form von Gewalt gegen Zivilisten – immer. Sie ist niemals okay. Angesichts der Geschichte unseres Landes wissen wir das besser als jeder andere. … Die wirklichen Verbrechen sind nicht unsere Performances – die wirklichen Verbrechen sind das Schweigen und die Komplizenschaft der Mächtigen. Schande über sie.“

Die Band fordert dazu auf, die Empörung gegen das britische Regime zu richten, das weiterhin Waffen an Israel liefert – selbst nachdem Dutzende Ärzte dokumentierten, wie palästinensische Kinder durch gezielte Kopfschüsse israelischer Scharfschützen ermordet wurden.

Tausende Menschen zeigen sich solidarisch mit dem Trio. Ihr Fall versinnbildlicht die Versuche, öffentliche Meinung durch Repression und Medienkontrolle zu unterdrücken – und den wachsenden Widerstand dagegen.

Über 200 internationale Künstler solidarisierten sich in einem offenen Brief gegen Einschüchterung und Zensur: „In der vergangenen Woche gab es einen klaren, koordinierten Versuch, die Band ‚Kneecap’ zu zensieren und letztlich von der öffentlichen Bühne zu verdrängen.“ Massive Attack schrieb auf Instagram: „,Kneecap’ ist nicht die Story. Gaza ist die Story. Der Völkermord ist die Story.“ „Kneecap“ selbst formuliert unmissverständlich: „Sie wollen euch glauben machen, dass Worte gefährlicher sind als Völkermord.“

Die Frage bleibt: Wie lange noch werden Künstler mundtot gemacht?

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"Was ist das Verbrechen?", UZ vom 9. Mai 2025



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