Die meisten westlichen Medien schäumten über das Treffen von US-Präsident Donald Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am 15. August in Alaska. „Viel Lärm um nichts“ (ARD-Korrespondentin Gudrun Engel) hieß es, oder „unbezahlbares Geschenk für Putin“ (FAZ-Herausgeber Berthold Kohler). Andere sprachen von einem „schwarzen Freitag“ (Roderich Kiesewetter) oder von Verrat: „Amerika hat die Seiten gewechselt“ (Stephanie Babst, ehemalige NATO-Mitarbeiterin). UZ sprach mit Oberst a. D. Gerhard Giese über die Aussichten auf Frieden nach dem Gipfel in Alaska, die militärische Lage in der Ukraine und die Versuche der EU und Kiews, den Verhandlungsprozess zu torpedieren. Dr. h. c. Gerhard Giese ist Absolvent einer sowjetischen Militärakademie und war Offizier der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung im Ministerium für Nationale Verteidigung der DDR (NVA).
UZ: Welches Ergebnis hatte aus Ihrer Sicht das Gipfeltreffen von Donald Trump und Wladimir Putin in Alaska?
Gerhard Giese: Das Treffen wird uns zusammen mit den qualitativen Veränderungen der militärischen Lage zugunsten der Russischen Föderation (RF) dem Frieden näherbringen.
Trump wollte zunächst einen Waffenstillstand ukrainischer und westeuropäischer Prägung erreichen, schwenkte aber im Verlauf der Verhandlungen auf die Putinsche Linie ein, die zuerst die Ursachen des Krieges beseitigen will, weil es ohne diesen Schritt nicht zu einem dauerhaften Frieden kommen kann. Damit ist ein Waffenstillstand, den die NATO, die EU und die Ukraine unbedingt zur Wiederaufrüstung der ukrainischen Streitkräfte benötigen, vom Tisch. Trump hat in seiner Presseerklärung dargelegt, dass es gelungen sei, „viele Punkte“ mit Putin zu vereinbaren, bei einigen stehe das noch aus. Er stellte zudem fest, dass Putin ebenso an einer Beendigung des Konflikts interessiert ist wie er selbst. Er hat mit Putin den Gewinner des Krieges empfangen und lotet nun aus, wie die Beziehungen zur Russischen Föderation wieder normalisiert werden können.
Putin hat den EU-Europäern und der Ukraine die Grenzen von deren Politik aufgezeigt, die er als „negativ, wahnsinnig und zerstörerisch“ ansieht, denn sie bereiten sich allen Ernstes auf einen Atomkrieg gegen Russland vor. Sie wollen die russische Schattenflotte militärisch bekämpfen und Kaliningrad angreifen. Mit einer solchen Entwicklung, die die USA sowie die Russische Föderation nicht zulassen wollen und die Ukraine nicht zulassen sollte, würde Letztere sich selbst zerstören. Es bleibt der Ukraine keine Alternative als die Resultate der militärischen Spezialoperation der Russischen Föderation in ihrem Land bei der Gewährleistung von Sicherheitsgarantien durch die USA und Russland anzuerkennen. Noch könnte eine Ukraine gerettet werden, die ein neutrales Land ist, einen Zugang zum Schwarzen Meer hat und die sich neu orientieren könnte.
UZ: Die Deutschen erfuhren am 27. Februar 2022 von ihrem damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz, Russland habe die Ukraine überfallen und eine „Zeitenwende“ herbeigeführt. Wann und wie begann der Krieg in Wirklichkeit?

Gerhard Giese: Er begann mit dem von den USA geplanten und finanzierten nazistischen Maidan-Putsch, der Kräfte in der Ukraine an die Macht brachte, die die physische Vernichtung und Vertreibung derer anstrebten und auch realisierten, die nicht in der Nach-Putsch-Ukraine leben wollten. Der Schweizer Ex-Geheimdienstler Jacques Baud hat festgestellt, dass diese von den USA unterstützten neonazistischen Kräfte durch eine forcierte Aufrüstung zum Kern der ukrainischen Streitkräfte gemacht wurden. Sie sollten die Territorien, die Selbstbestimmung nach der UN-Charta anstrebten, sowie die russischen Unterstützer militärisch bekämpfen – zum Beispiel Odessa, den Donbass und die Krim.
Der ukrainische Ultranationalist Alexei Arestowitsch verkündete 2019, dass ein Konflikt mit der RF unvermeidlich sei. Die neonazistischen Asow-Formationen griffen die um ihre Selbstbestimmung kämpfenden jungen Republiken auf existenzbedrohende Weise an, worauf diese sich mit russischer Unterstützung verteidigten. Die Neonazis gingen dazu über, gemeinsam mit dem Westen Interventionsstreitkräfte aufzustellen und sie in Grenznähe zu den neuen Republiken sowie der RF zu bringen. Deren Angriffsbereitschaft wurde am 16. Februar 2022 erreicht. In dieser hoch bedrohlichen Situation unternahm die RF alles zur Vermeidung eines Krieges.
UZ: Warum kam es nicht wie 2014 und 2015 zu Vereinbarungen wie den Minsker Abkommen?
Gerhard Giese: Die Russische Föderation hatte sich auf die Minsk-Abkommen eingelassen, die aber vom Westen und Wladimir Selenski sabotiert und zur Aufrüstung der Ukraine missbraucht wurden. Beide Abkommen wurden übrigens nicht von der Ukraine und Russland unterzeichnet, sondern von der Ukraine und den Donbass-Republiken. Die angeblichen Verhandlungen zwischen Ukraine und Russland sind eine bewusste Falschinterpretation aus dem Westen und aus der Ukraine.
Zu Ihrer Frage: Die Russische Föderation machte im Herbst 2021 einen umfangreichen diplomatischen Versuch, um den Ausbruch eines Krieges zu vermeiden. Dazu wurden an die USA, die NATO und die EU Vorschläge unterbreitet, die Verhandlungen für eine neutrale und NATO-freie Ukraine, den Schutz der russischsprachigen Bevölkerung im Osten sowie die Gewährleistung der Sicherheit der RF zum Inhalt hatten. Diese Vorschläge blieben aber nicht nur unbeantwortet, sondern die Asow-Neonazis verübten im Dezember 2021 auch vernichtende Angriffe auf die Bewohner der Millionenstadt Donezk. Die tausenden Toten waren der unmittelbare Auslöser für die Anerkennung und Aufnahme der Donbass-Republiken auf der Basis von Referenden und Beschlüssen durch die RF. Damit wurde gemäß der UN-Charta Nothilfe mittels einer russischen Spezialoperation eingeleitet.
UZ: Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó warnte am 21. August auf YouTube davor, dass die EU-Staats- und Regierungschefs ein Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine erneut gefährden könnten, wie sie es bereits 2022 taten. Sehen Sie auch diese Gefahr?
Gerhard Giese: Die bereits beiderseitig paraphierte Vereinbarung zur Beendigung des Konflikts wurde im April 2022 von den westlichen Herren der Ukraine, aber auch von Selenski abgelehnt. Es sind die gleichen Kräfte des kollektiven Westens, die in den letzten Jahren immer neue Eskalationsschritte in diesem Konflikt vollzogen. Auch heute fallen sie den Friedensbemühungen Trumps, Putins und der BRICS-Staaten, aber auch der Friedensbewegungen, nicht nur in den Arm, sondern sie ergreifen auch blutige und zerstörerische Maßnahmen zur Eskalation und zur Weiterführung des Krieges bis zu einer „Niederlage Russlands“.
UZ: Worin bestehen diese Maßnahmen?
Gerhard Giese: Auf dem Kampffeld läuft es für die Ukraine nicht gut. Daher wird mit Hilfe unterstützender Geheimdienste versucht, durch Diversions- und Sabotageakte sowie durch Terroranschläge in den befreiten Gebieten und in der Russischen Föderation selbst die Auftrag- und Hilfegeber davon zu überzeugen, dass die Ukraine noch über Möglichkeiten zur Schwächung der RF verfügt und deshalb noch hilfswürdig ist. Zu solchen Aktionen gehören zum Beispiel der Angriff auf strategische Fernradaranlagen der RF im Krasnodarer Gebiet und bei Orsk. Dabei handelt es sich um Frühwarnanlagen der atomaren Triade. Das löste selbst in Washington bei einigen Unruhe aus. Am 1. Juni griffen westliche Geheimdienste und solche der Ukraine mit regional eingesetzten Drohnen strategische Flugplätze der RF an. Dort waren strategische Bomber auf Grund internationaler Abkommen ungeschützt geparkt.
Der US-General Christopher Donahue verkündete im Juli 2025, die NATO und die mit den USA verbündeten Streitkräfte seien nun in der Lage, Kaliningrad vom Boden aus viel schneller als früher zu neutralisieren und auszuschalten. Außerdem hat Trump die Entsendung modernisierter Atomwaffen nach Europa angeordnet, womit eine erhebliche Eskalation entstand. Darauf hat die RF im Gebiet Kaliningrad mit der Stationierung neuester Komplexe der luft-kosmischen Verteidigung vom Typ S-500 sowie von Hyperschallraketen verschiedener Reichweiten und Stärke reagiert.
In sechs EU-Ländern haben die USA 2025 150 Freifallbomben des Typs B61-12 in sechs EU-Ländern stationiert, darunter auf der Air Base Büchel in Deutschland. Die Russische Föderation bereitet nun atomwaffenähnliche, aber strahlungsfreie Antworten vor.
Für 2026 ist die Stationierung von „Typhon“-Systemen und der Langstrecken-Hyperschallrakete „Dark Eagle“ in Deutschland angekündigt. Die russische Antwort darauf ist die nahezu nicht abfangbare „Oreschnik-2“ Hyperschallrakete mit konventionellem Gefechtskopf und einer Reichweite bis 5.500 Kilometern. Sie befindet sich bereits in Serienproduktion, war und ist aber auch schon im Truppeneinsatz.
UZ: Wie ist die militärische Lage in der Ukraine?
Gerhard Giese: Der US-Militärexperte Douglas McGregor äußerte dazu sinngemäß: Der Krieg ist für die Ukraine verloren. Ihre Verteidigung steht an allen Frontabschnitten vor dem Zusammenbruch. In Pokrowsk versuchte Kiew durch den Einsatz der letzten Asow-Brigaden, den Kessel aufzulösen, was aber nicht gelang. Kiew mangelt es an Personal – die wenigsten Kampfbrigaden verfügen noch über 40 Prozent der Sollstärke, an modernen Luftverteidigungssystemen sowie an Abwehr- und weitreichenden Raketen und Munition. Dennoch werden diese stark dezimierten und moralisch angeschlagenen Kräfte auch in militärisch nicht gerechtfertigten Gegenangriffen, zum Beispiel in den Räumen Sumy und Charkow, eingesetzt.
Das alles fand in hektischer Eile statt, um sich bei Trump in Alaska in Erinnerung zu bringen, und führte zu massenhaften Verlusten der ukrainischen Streitkräfte sowie zu noch mehr Deserteuren und Gefangenen, die es bereits zu Hunderttausenden in der RF geben soll. Die Verluste der russischen Streitkräfte sollen laut dem US-Militärexperten McGregor um ein Vielfaches geringer sein.
Große personelle und materielle Verluste müssen auch die in der Ukraine operierenden NATO-Verbündeten hinnehmen. So gelang es russischen Spezialkräften unlängst, hohe britische Militärs festzusetzen. Aber neuerdings auch US-amerikanische, polnische, rumänische, französische, schwedische, dänische und deutsche Militärangehörige – letztere sogar uniformiert in Panzern sitzend – konnten bei den Kampfhandlungen und bei der Einsatzvorbereitung ihrer Waffensysteme in der Ukraine beobachtet, gefangengenommen und auch vernichtet werden. An Liefer- und Lagerstandorten bei Odessa, bei Lwiw und im Charkower Raum sollen größere Mengen an „Taurus“-Raketen und „Taurus“-Teilen vernichtet worden sein. Gleiches soll mit dem ukrainisch-deutschen Großprojekt „Produktion der weitreichenden Flugkörper ‚Sapsan‘“, welches dem „Taurus“ mit einer Reichweite von 500 bis 1.000 Kilometern ähnelt, an mehreren Standorten in der Ukraine geschehen sein. Kosten für deutsche Steuerzahler: Etwa fünf Milliarden Euro.
UZ: Wie geht es nach Ihrer Meinung jetzt weiter?
Gerhard Giese: Selenski holte sich auf dem „Vorgipfel“ mit EU-Unterstützern Rückhalt und schmiedete mit ihnen einen Schlachtplan für seine Verhandlung mit Trump. Sie lehnten genau wie er den US-RF-Friedensplan ab. Ein Schock für die EU-Unterstützer war, dass Trump sie mit einem ersten Schlag auslud, weil er nur mit Selenski allein sprechen wollte. US-Außenminister Marco Rubio führte einen zweiten Schlag, als er gegenüber Selenski äußerte, Trump erwarte von ihm Kompromissbereitschaft. Das gilt auch für Putin und der hat das bereits akzeptiert.
Für einen Friedensschluss gibt es drei Optionen. Erstens: Selenski unterschreibt und organisiert Neuwahlen. Zweitens: Selenski lehnt ab, aber der ukrainische Parlamentspräsident unterschreibt, der dann ebenfalls Neuwahlen anordnet. Drittens: Es findet ein Militärputsch statt, nach dem Neuwahlen durchgeführt werden.
Wichtige Punkte sind außerdem: Laut Trump erhält die Ukraine die Krim niemals mehr zurück und wird nicht Mitglied der NATO. Putin hat erklärt, dass sich die Russische Föderation nach Abschluss eines Friedensvertrages verpflichten würde, keine weiteren Gebiete in der Ukraine anzugreifen. Die RF ist zudem bereit, mit der EU einen Nichtangriffspakt abzuschließen. Die USA sind bereit, sich an solchen Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu beteiligen, die dem Artikel 5 des NATO-Vertrages ähneln, ohne Bodentruppen zu entsenden. Auch die Russische Föderation fordert von Trump, der NATO und der EU Sicherheitsgarantien.
Während die EU-Vertreter im Weißen Haus nur Lippenbekenntnisse abgaben, um Trump bei Laune zu halten, trotzte Selenski Trump mit einem Nein. Am 20. August verkündeten sie, dass zehn NATO-Staaten „Friedenstruppen“ in die Ukraine als „Sicherheitsgaranten“ schicken wollen, wissend, dass die RF dem nicht zustimmt. Das Vorhaben der EU-Führer, darunter Friedrich Merz, kommt einem Boykott des vorgeschlagenen Friedensabkommens gleich. Während die USA und die RF ihre Hausaufgaben solide gemacht hatten, kehrten Selenski und die EU auf den Kriegsverlängerungskurs zurück. In ihren Händen liegt jetzt das Schicksal der Ukraine. Die multipolare Welt sieht die bisherigen Resultate positiv und hofft, dass das verhandelte Friedensabkommen durchgesetzt werden kann und Trump dabei Standhaftigkeit beweist.