funk – Öffentlich-Rechtes für Jugendliche

Wir hatten ja nichts

Als die Fernsehsender EinsPlus und ZDFkultur eingestellt wurden, war ursprünglich geplant, dafür einen neuen Jugendsender von ARD und ZDF aus der Taufe zu heben. Richtiges, lineares Fernsehen also. Dazu kam es nicht, stattdessen gibt es nun funk, ein Online-Medienangebot für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 29 Jahren.

Das Angebot von funk ist auf den ersten Blick nicht so schlecht: Serien wie „Doctor Who“, „Orange is the new Black“ und „Hoff the Record“ stehen bereit, „on demand“. Das ist praktisch oder wäre es, wenn alle Episoden bereitstünden und die Abrufbarkeit nicht auf bestimmte Uhrzeiten beschränkt wäre, außer man ist über 18 und nutzt die Funk-App – mit Identitätsnachweis versteht sich.

Neben dem Serienangebot gibt es Clips, die den Youtube-Stars Bibi und Co. Konkurrenz machen wollen, aber nur ein Tausendstel an Klicks generieren. Für die Öffentlich-Rechtlichen Medienanstalten ist dies erst einmal nur eins: Billig. Aber „funk“ hat auch einen Bildungsauftrag. Besonders deutlich wird dies im „Format“ namens „Germania“, wo Menschen, die nicht in Deutschland geboren wurden, erzählen dürfen, wie schlimm ihre Kindheit war und wie schön Deutschland ist. Rapper Olexesh lobt an Deutschland Sauberkeit und schöne Häuser. In Kiew gab es dagegen nichts, noch nicht einmal Ausländer: „Es gab nur russische Kinder in der Ukraine, ukrainische Kinder. Und dann kam ich hierher und es gab Araber, Marokaner, Türken, Pakistaner, Afghanen … jede Art von Mensch, Afrikaner und so.“ Und auch „Fresh Polakke“ weiß zu berichten „Meine Eltern mussten mich zurücklassen, in Polen war Kommunismus, die mussten mich natürlich als Pfand da lassen. Dann wurde ich ’87 rübergeschmuggelt, wenn ich das mal so sagen darf. Polen, da gab es nicht viel früher: Die Regale waren leer, man hat irgendwelche Zettel bekommen früher, im Monat eine Flasche Wodka bekommen, hast deine Flasche Wodka gegen Zigaretten getauscht, hast deine Unterhosen gegen Kaffee getauscht.“

Erinnert mich an eine Mitte/Ende der 1980er geborene Kollegin, die in der Ukraine aufgewachsen ist und hin und wieder zum Besten gab: „Es gab ja nichts in der Sowjetunion damals, wir hatten nichts – nicht mal Handys.“ Ich werde sie funk als Gesprächspartnerin vorschlagen.

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"Wir hatten ja nichts", UZ vom 2. Juni 2017



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