Zur Zollpolitik der USA und dem Globalen Süden

Wo die Zukunft liegt

US-Präsident Donald Trump hat Brasilien mit einer pauschalen Erhöhung der Einfuhrzölle auf Brasiliens Exporte in die USA von 50 Prozent gedroht. Nichts Besonderes, könnte man meinen, Donald Trump bedroht schließlich alle und jeden mit absurd hohen Zöllen, selbst enge und engste Verbündete wie Kanada, die EU, Japan und Südkorea. Im Falle Brasiliens hat Trump schließlich klargemacht, dass es ihm nicht um einen – sehr zweifelhaften – ökonomischen Effekt geht, sondern um den Ausgang der brasilianischen Wahlen im Oktober 2026. Sein Mann heißt Jair Bolsonaro. Dem wird von der brasilianischen Justiz vorgeworfen, einen Putschversuch gegen den Wahlsieger von 2022, Luiz Inácio Lula da Silva, organisiert zu haben. Ein Prozess, der Bolsonaros Chancen für die Wahl 2026 gegen Null drücken könnte. Das soll verhindert werden.

Hintergrund des Zollkriegs ist das strukturelle Handelsbilanzdefizit der USA von 1,428 Billionen Dollar. Die US-Wirtschaft ist international längst nicht mehr konkurrenzfähig. Im Handel mit Brasilien dagegen erzielten die USA 2024 bei einem Volumen von 92 Milliarden Dollar einen Überschuss von 7,4 Milliarden. Hier gibt es keinen ökonomischen Grund für hohe Zölle. Lula hatte sich während des BRICS-Gipfels in Rio de Janeiro um moderate Positionen bemüht und das war nun die Quittung. Lulas Reaktion auf Trumps Zolldrohung war denn auch ziemlich angefressen: „Trump ist nicht der globale Herrscher.“

Allerdings sind Brasiliens Chancen begrenzt, wenn der US-Präsident ganz offen Vabanque spielt. Eine kollektive Reaktion der BRICS stand in Rio noch nicht zur Debatte. Dabei übersteigen die Wirtschaftskraft und der Ressourcenreichtum von BRICS-Plus diejenigen der USA um das Mehrfache. Nicht BRICS-Plus ist von den USA abhängig, sondern umgekehrt sind die USA und der gesamte Wertewesten von BRICS, vom Globalen Süden abhängig. Aber wie immer ist es eine Frage der Organisation und der strategischen Entschlossenheit, wenn es gilt, das politische und ökonomische Gewicht des Globalen Südens zur Geltung zu bringen.

Als ökonomische Flankierung der US-Kriegspolitik scheint der Zoll- und Wirtschaftskrieg einen gewissen „Sinn“ zu machen. Würde Washington allerdings die absurd hohen, teilweise prohibitiven Zolldrohungen tatsächlich in Kraft setzen, so wären die Folgen für die globale Wirtschaft, vor allem aber für das US-Imperium selbst, desaströs. Das Preisniveau im Importland USA würde signifikant ansteigen. Von 30 Prozent ist die Rede. Für viele US-Haushalte kaum zu stemmen. Andere Produkte wie strategische Rohstoffe (Uran, Seltene Erden und andere) stünden möglicherweise gar nicht mehr zur Verfügung. Das Zerreißen der bislang noch intakten Produktions- und Versorgungsketten sowie der westlich dominierten Zahlungsstrukturen würde zu einer drastischen Umorganisation des Welthandels führen und das Decoupling von den USA und die Entdollarisierung massiv beschleunigen. Das kann selbst ein Donald Trump nicht wollen.

Vielleicht reicht es ja aus für eine egomanische Persönlichkeit wie Donald Trump, dass, wie er es ausdrückt, die Staatschefs des Globalen Südens Schlange stehen, um ihm „den Arsch zu küssen“. Das mag in manchen Fällen tatsächlich so sein. Für manche, zum Teil recht prinzipienlose Führer (auch in Europa) ist die Hoffnung, doch noch irgendwie eine Art Bonus aushandeln zu können, Motiv genug. Die große Mehrheit allerdings hat begriffen oder ist dabei zu begreifen, dass der Wertewesten keine Option mehr ist und dass die Zukunft in der Entwicklung der Süd-Süd-Kooperation, der BRICS-Plus, der Belt and Road Initiative und in der kollektiven Gegenwehr liegt.

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"Wo die Zukunft liegt", UZ vom 18. Juli 2025



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