1600 Arbeitsplätze bei Ford Saarlouis bedroht

Wir dokumentieren an dieser Stelle die Pressemitteilung der DKP Saarland.

Ford kündigt drastische Einschnitte an: Die Umstellung von Drei- auf Zwei-Schicht-Betrieb und das Ende der C-Max-Fertigung in Saarlouis. Dadurch sind 1600 der 6300 Arbeitsplätze in Saarlouis bedroht, eine bestehende Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungsgarantie wird damit gebrochen. Und zu diesen Einschnitten und dem Vertragsbruch fordert Gunnar Herrmann, Chef von Ford-Deutschland, die Zustimmung der Belegschaften; nur unter diesen Bedingungen sei das Werk in Saarlouis „zunächst bis 2024 gesichert“. Nach 2024 soll sich zeigen, welches Modell zur Fertigung nach Saarlouis geholt werden kann. Das ist Erpressung.

Mit
einer langfristigen Strategie und Zukunftssicherung für das Werk und
die Beschäftigten hat das nichts zu tun. Die Zukunftssorgen und die
wachsenden Ängste in der Belegschaft sind damit nicht beseitigt.

Mit ihrer Europa-Strategie fährt die „Ford Motor Company“ einen knallharten Kurs gegen die Belegschaften.

Während
das Geschäft in den USA rückläufig ist, wächst der Absatz auf dem
deutschen Markt seit sechs Jahren in Folge. Dennoch will der
Ford-Konzern die Standort- und Arbeitsplatzvernichtung in Europa
durchziehen. Laut Herrmann stehen überall Kosten, die mit den
Arbeitenden verbunden sind, auf dem Prüfstand: Überstunden,
Wochenendarbeit, Freischichten usw.. Vor einigen Jahren wurde gegen
einen breiten Widerstand das Werk in Genk (Belgien) stillgelegt.
Mitte 2019 will der Konzern in Frankreich das Werk in Blanquefort und
ein Werk in England komplett dicht machen. Mit dieser Strategie
steigert Ford den Druck auf die Werke und heizt die
Standortkonkurrenz im Unternehmen weiter an. Was letztlich an
Ford-Produktion in Europa übrigbleibt ist offen.

Die
weltweite Überproduktionskrise wirkt und schlägt sich auf längere
Zeit betrachtet in den Umsatzzahlen der Autokonzerne nieder. Dafür
gibt es auch strukturelle Ursachen. Lange Zeit haben die Autokonzerne
die Herausforderung, Alternativen zum Verbrennungsmotor zu entwickeln
und einzuführen, bewusst ignoriert. Mit Manipulationen und Tricks
wurde die Einhaltung gesetzlicher Normen umgangen und Kunden
betrogen. Für die Chefetagen und die Anteilseigner der
Automobilkonzerne gilt nur der kurzfristige Profit, was durch die
Selbstbedienungsmentalität der Manager und Aktionäre noch unterlegt
wird.

In allen Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit in letzter Zeit – bei Ford, ehemals Neue Halberg Guss, Beckinger Schraubenfabrik u.a. – zeigt sich der Systemwiderspruch: Für den höchstmöglichen Profit tun Konzerne und Kapitaleigner alles, für die Arbeit, die sozialen und ökologischen Bedürfnisse bzw. Erfordernisse übernehmen sie keine Verantwortung.

Wie
so oft sollen die Beschäftigten, die Arbeitenden die Zeche zahlen.

Solidarität
im Kampf um die Arbeitsplätze

Was
tut die Belegschaft und die Gewerkschaft in dieser Situation? Die
Fragen, die sich mit dem notwendigen Umbau der Automobilindustrie für
die Unternehmen aber auch für die Belegschaften stellen, sind mit
dem bisherigen „Standortdenken“ nicht mehr zu beantworten. Es
sind umfassendere Antworten erforderlich, die nur mit einem
erheblichen größeren Druck auf die Konzernzentralen, die
Anteilseigner und die politisch Verantwortlichen zum Tragen kommen
können.

Die
DKP fordert:

  • keine
    Entlassungen

  • Einhaltung
    der Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung

  • Entwicklung
    alternativer Produktion unter Mitbestimmung von Belegschaft und
    Gewerkschaft.

Die
Automobilkrise hat das Saarland schneller als befürchtet erreicht.

Sie
ist Teil einer umfassenderen Wirtschaftskrise. Dramatisch zeigt sich
jetzt, wie die einseitige Abhängigkeit von der Automobilindustrie
zum sozialen Problem Nr. 1 im Saarland wird. Über 50.000
Beschäftigte finden derzeit in diesem Wirtschaftszweig Lohn und
Brot. Es ist bekannt, dass von einem Automobilarbeitsplatz mindestens
zwei weitere im Zulieferbereich abhängen. Die Streichung von 1600
Stellen im Ford-Werk bringt viele weitere in Gefahr.

Das
müssten Alarmzeichen für die Groko im Saarland genug sein. Darüber
hinaus zeigt das Krisenszenario bei Ford dramatisch, dass die
geplante Umsetzung der Elektromobilität mit den entsprechenden
Produktionslinien am Saarland vorbei zu gehen droht.

Die
Landesregierung hat kein Konzept, mit dem sie diesen Gefahren wirksam
begegnen und der drohenden Deindustrialisierung des Landes
entgegentreten will. Das ist eine wirtschaftspolitische
Bankrotterklärung. Wenn weiter blind auf die Selbstheilungskräfte
des Marktes vertraut wird, wenn nicht politisch gegengesteuert wird,
kommt die saarländische Automobilindustrie in einen bedrohlichen
Zangengriff von Krise der Verbrennungsmotorentechnik und der
Digitalisierung.

Gerade
geringer qualifizierten Beschäftigten droht das Aus auf dem
Arbeitsmarkt, weil sie auf dem wachsenden IT-Sektor nicht eingesetzt
werden können. Ihnen bleibt nur, sich wie tausende andere um neue
schlecht entlohnte Dienstleistungsjobs zu bewerben. Damit steht nicht
nur das Zukunftsinteresse einzelner Beschäftigter sondern die des
gesamten Saarlandes auf dem Spiel.

Wir
fordern einen radikalen Politikwechsel
,
der u. a. beinhalten muss:

  • Umbaukonzept
    für die auf Verbrennungsmotoren ausgerichtete Automobilindustrie
    unter Berücksichtigung der sozialen Interessen der Belegschaften

  • Bundesratsinitiative
    für ein gesetzliches Verbot von Entlassungen in Konzernen, die hohe
    Gewinne erzielen, und zur Verhinderung von Firmenübernahmen durch
    Heuschrecken wie Prevent oder Whitesell

  • Durchsetzung
    erweiterter Betriebsratsrechte, z. B. das Recht auf Widerspruch
    gegen Entlassungen und gegen Betriebsübernahmen durch sog.
    Investoren.

Fred Herger, Arbeitskreis Betrieb und Gewerkschaft der DKP Saarland



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