Die Olympischen Winterspiele in Peking sind zu Ende

Arroganz und Ignoranz

Die 24. Olympischen Winterspiele sind Geschichte. Mit einer beeindruckenden Feier wurden sie am Sonntag in Peking beendet. Die olympische Fahne wurde den Organisatorinnen und Organisatoren der Winterspiele 2026 in Mailand und Cortina übergeben. Dem Anlass wohl kaum angemessen, politisch feindselig sowie zudem von Arroganz und Ignoranz geprägt, war an diesem Tag teilweise die Berichterstattung bei der ARD und die anderer hiesiger Medien.

Beklagt wurde, dass China mit und nach den Spielen wohl in vielen Ländern an internationalem Ansehen gewonnen habe, die üblichen Vorwürfe wurden wiederholt. Beklagt wurde auch, dass die Kommunistische Partei Chinas und ihr Vorsitzender, Staatspräsident Xi Jinping, die Winterspiele wohl auch innenpolitisch als Erfolg ansehen dürften. Auch IOC-Chef Bach wurde scharf kritisiert: Man dürfe Spiele künftig nicht mehr an Staaten vergeben, in denen Menschenrechte verletzt würden. Im „Spiegel“ konnte man am Sonntag lesen: „Selten waren Winterspiele so öde wie in China. Der Gastgeber missbrauchte sie erwartbar als Bühne für seine Propaganda, das IOC und Präsident Thomas Bach schauten tatenlos dabei zu.“ Bei „Focus“ seufzte man: „Gut, dass Olympia vorbei ist: China verblendet uns mit einer großen Illusion.“ „ntv“ titelte im Zusammenhang mit der Abschlussfeier gar: „Das Ende des Mummenschanzes“.

Nun: Das IOC – obgleich großem politischen Druck ausgesetzt – zog eine positive Bilanz und bedankte sich, wird sich aber Gedanken über die Zukunft der Winterspiele machen müssen. Vor allem über Nachhaltigkeit, Kosten und die Anforderungen an die entsprechenden Regionen, aber auch, ob man das Programm noch weiter aufblähen will. Auch aus dem Deutschen Olympischen Sportbund kam Lob für die Gastgeber. Alles sei gut gelaufen, habe gut geklappt, und auf die Kritik, die man an der Unterbringung der positiv auf Corona getesteten Sportler geübt hatte, hätten die Veranstalter sofort reagiert.

Zwei der drei Betroffenen konnten tatsächlich noch einmal in das Wettkampfgeschehen eingreifen. So der aus Klingenthal im Erzgebirge stammende Eric Frenzel, für den es am Donnerstag der vorigen Woche mit der Staffel der Nordisch-Kombinierten doch noch, nach elf Tagen in Quarantäne, ein „Happy End“ gab. Seinen Schwächeanfall auf seiner Teilstrecke konnte der Schlussläufer der deutschen Staffel wettmachen. Silber war – nach insgesamt drei Gold-, einer Silber- und zwei Bronzemedaillen bei den Spielen in Vancouver, Sotschi und Pyeongchang – der Lohn für die Mannschaft. Ob – nach vier Winterspielen – die kommenden für Frenzel noch einmal ein Ziel sind? Bei der Eisschnelläuferin Claudia Pechstein (50) wagt man ja gar nicht mehr zu fragen.

Deutlich besser als die deutsche Olympiamannschaft waren allein die Norwegerinnen und Norweger. Die Gastgeber konnten sich über neun goldene Medaillen, vier silberne und drei bronzene freuen. An den beiden letzten Wettkampftagen wurde die deutsche Medaillenbilanz noch einmal aufgebessert. Im „National Sliding Centre“ in Yanqing holten die Zweierbobs bei den Frauen und die Viererbobs bei den Männern noch zweimal Gold und zweimal Silber, Francesco Friedrich mit seiner Mannschaft damit seine zweite Goldmedaille bei diesen Spielen. Die Alpinen errangen zum Abschluss der Spiele endlich eine Medaille. Im „National Sliding Centre“ gewannen deutsche Sportlerinnen und Sportler in den vergangenen zwei Wochen neun von zwölf Goldmedaillen, in Pyeongchang 2018 waren es insgesamt 14: Eine hervorragende Bilanz für die Aktiven im Rodeln, Skeleton und Bobfahren, eine weniger gute für die übrigen Disziplinen. Auch wenn zum Beispiel die Frauen im Langlauf mit einem Sieg und einem zweiten Platz unerwartet gut abschnitten: Deutlich wurde, dass in vielen Bereichen der Nachwuchs fehlt oder begabte Kinder und Jugendliche nicht beim Sport bleiben. Und das ist nicht nur – siehe auch die Situation in vielen „Sommersportarten“ – dem Umstand geschuldet, dass hierzulande im Flachland kaum noch Schnee fällt.

Über die Autorin

Nina Hager (Jahrgang 1950), Prof. Dr., ist Wissenschaftsphilosophin und Journalistin

Hager studierte von 1969 bis 1973 Physik an der Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Abschluss als Diplom-Physikerin wechselte sie in das Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR und arbeite bis zur Schließung des Institutes Ende 1991 im Bereich philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung. Sie promovierte 1976 und verteidigte ihre Habilitationsschrift im Jahr 1987. 1989 wurde sie zur Professorin ernannt. Von 1996 bis 2006 arbeitete sie in der Erwachsenenbildung, von 2006 bis 2016 im Parteivorstand der DKP sowie für die UZ, deren Chefredakteurin Hager von 2012 bis 2016 war.

Nina Hager trat 1968 in die SED, 1992 in die DKP ein, war seit 1996 Mitglied des Parteivorstandes und von 2000 bis 2015 stellvertretende Vorsitzende der DKP.

Hager ist Mitherausgeberin, Redaktionsmitglied und Autorin der Marxistischen Blätter, Mitglied der Marx-Engels-Stiftung und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.

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"Arroganz und Ignoranz", UZ vom 25. Februar 2022



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