Ausgelächelt

Winfried Wolf zum Rücktritt von Volker Kefer

Über Volker Kefer schrieb das „Manager Magazin“: „Er ist zehn Jahre schon dabei und damit einer der erfahrensten Eisenbahn-Manager.“ Tatsächlich sind zehn Jahre berufliche Aktivität in einem Wirtschaftsbereich für einen Top-Manager eine ausgesprochen kurze Zeit. Die Mitglieder des VW-Vorstands z. B. sind 23, 25, 26, 27, 33, 36 und 45 Jahre in der Autobranche aktiv. Es ist typisch für die Deutsche Bahn, dass alle im Vorstandsbereich keine Eisenbahner sind und dass drei der vier letzten Bahnchefs (Heinz Dürr, Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube) aus der Daimler-Kaderschmiede zur Bahn gelangten, um dort Autolobby-Politik zu betreiben.

Dass auch der hochgelobte Technik- und Infrastrukturvorstand Volker Kefer seinen Laden nicht im Griff hat, zeigte sich in diesem Frühjahr. Pünktlich zur Hannover-Messe musste die Hochgeschwindigkeitsstrecke Kassel-Hannover mehrere Wochen lang gesperrt werden. Die DB behauptete, man habe erst kurzfristig durch ein Gutachten Kenntnis vom „dringenden Sanierungsbedarf“ erhalten. Das war schlicht unwahr. Tatsächlich hatte das Eisenbahn-Bundesamt seit gut vier Jahren in immer dringenderer Form die Grundsanierung gefordert. Es ist banal: Die DB AG praktiziert auch unter Volker Kefer eine fortgesetzte Unterfinanzierung der Infrastruktur. Sie generiert so kurzfristig Gewinne bei der Netz-Tochter, die langfristig katastrophale Folgen haben.

Kefer war bei der Deutschen Bahn vor allem das Gesicht für das Großprojekt Stuttgart 21. Ihm war es in der berühmt-berüchtigten Schlichtung unter Heiner Geißler im Jahr 2010 gelungen, alle Probleme des Projekts wegzulächeln. Ausgerechnet wegen des Projekts Stuttgart 21 verging Kefer nun das Lächeln. Er setzt sich rechtzeitig ab und verlässt den Konzern – „sobald ein Nachfolger gefunden ist“. Kefer weiß, dass die Kostensteigerungen bei dem Projekt, das zunächst mit zwei Milliarden Deutsche Mark kalkuliert worden war und das aktuell bei 6 Milliarden Euro Kosten angelangt ist, unkontrollierbar sind. Er weiß auch, dass S21 niemals sicher betrieben werden kann – u. a. aufgrund einer Gleisneigung im Bahnsteigbereich, die mit 15 Promille fünf Mal höher ist als „eigentlich“ zulässig. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung wiederum weiß, dass der mit Kefers Weggang verbundene „Wechsel in der Vorstandsposition gravierend für Stuttgart 21 ist“. Die Aufsichtsratsmitglieder der EVG, die Stuttgart 21 ein jahrzehntlang abnickten, haben jetzt eine letzte Chance, mit dem Griff zur Notbremse Verantwortung zu zeigen.

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"Ausgelächelt", UZ vom 24. Juni 2016



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