G20-Treffen in Neu-Delhi ging ohne Abschluss-Kommuniqué zu Ende

Außer Spesen …

Das G20-Außenminister-Treffen am 1. und 2. März war ein Fehlschlag mit Ansage. Dabei waren Vertreter aus 40 Staaten nach Indien gereist. Doch die Außenminister des „Kollektiven Westens“ hatten versucht, das Treffen in ein antirussisches Tribunal zu verwandeln und somit die Propagandalegende von der isolierten und militant-aggressiven Putin-Diktatur zu stützen. Der Druck, den die US-„Diplomatie“ (Erpressermafia wäre passender) auf die Staaten des Globalen Südens, insbesondere auf Indien und China, aufgebaut hat, ist enorm. Die beiden großen asiatischen Staaten haben sich verbal zwar mehr oder weniger für neutral erklärt, de facto aber Russland unterstützt, indem sie ihren Fossilenergieimport aus Russland signifikant erhöhten und so die entscheidenden westlichen Sanktionen ins Leere laufen ließen. Kein Wunder, dass sich das Ministerium von US-Außenminister Antony Blinken auf diese Staaten konzentriert, um eine Schwächung Russlands dennoch zuwege zu bringen.

Die hierdurch erzeugten Spannungen dominierten auch das G20-Meeting. Das propagandistische Framing des Westens hatte sich von vornhe­rein auf eine Art Zweikampf festgelegt. Weder der Globale Süden noch die durch Corona-Politik, Inflation und Sanktionspolitik erzeugten Probleme waren ein Thema. Genauso wenig wie die Energie- und Nahrungsmittelprobleme, die Flüchtlingskrise, die Überschuldung, der Terrorismus oder die Klimaerwärmung. Der Westen hatte nur eins im Sinn: Russland an den Pranger zu stellen.

Tatsächlich kam es dann zu so etwas wie einem zehnminütigem Gespräch zwischen dem US-Außenminister Blinken und seinem russischen Kollegen Sergei Lawrow. Blinken wiederholte dabei die wirklichkeitsfremden US-„Vorschläge“, die im Kern auf einen völligen Rückzug der russischen Kräfte aus der Ukraine und die Wiederherstellung des territorialen Status quo ante von vor 2014 hinauslaufen. Das war für Lawrow naturgemäß keine Gesprächsbasis.

„Unglücklicherweise konnte eine Deklaration, der alle G20-Minister zugestimmt hätten, nicht verabschiedet werden“, so der Chef des russischen Außenamts, „unsere westlichen Kollegen versuchten, ebenso wie sie es im vergangenen Jahr unter der indonesischen Präsidentschaft taten, mit allen Mitteln, auf Biegen und Brechen und dabei verschiedene rhetorische Kniffe nutzend, die Situation in und um die Ukraine nach vorn zu bringen, welche sie, selbstredend, mit der ganzen Rhetorik von der sogenannten russischen Aggression präsentierten.“ Daraus sei nichts Gutes entstanden, so Lawrow, „die Diskussion, zumindest in den Reden von westlichen Delegationen, insbesondere von G7-Staaten, war eingeschrumpft zu emotionalen Statements. Und das Ganze wurde gemacht, natürlich, zulasten einer normalen Diskussion jener Probleme, die wirklich auf der G20-Agenda standen.“

Indiens Präsident Narendra Modi hatte in seiner Botschaft an das Treffen versucht, zu retten, was zu retten war: „Die Erfahrungen der letzten wenigen Jahre – die Finanzkrise, der Klimawandel, die Pandemie, der Terrorismus und die Kriege – haben klar gezeigt, dass die globale Führung gescheitert ist. Wir sollten keinen Themen, die wir zusammen nicht lösen können, gestatten, denjenigen im Weg zu stehen, bei denen wir es können“, so der indische Staatschef.

Der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar betonte ergänzend, Indien stehe für etwas, nicht gegen etwas oder jemanden. Angesichts der Menge globaler Probleme könne man es sich schlicht nicht leisten, sich an einem Konflikt zu entzweien, den man als G20 nicht lösen könne. Die indische Regierung hatte erhebliche Ressourcen mobilisiert, um das Treffen zu einem Erfolg zu machen. Modi und Jaishankar waren entsprechend enttäuscht.

China unterstütze die Aufnahme der Afrikanischen Union in die G20, sagte der neue chinesische Außenminister Qin Gang. Die G20 sei nicht der Platz für Machtpolitik, Blockkonfrontation, Unilateralismus, Protektionismus und Decoupling. Qin, der sich so in gewisser Weise zum Anwalt des Globalen Südens machte, nahm eine noch deutlichere Haltung gegen den „im Kriegsmodus“ (Borrell) befindlichen Westen ein. China soll erklärtermaßen das nächste Opfer der US-Macht- und -Kriegspolitik werden. Ökonomisch und technologisch hat dieser Krieg längst begonnen und auch an Waffen für ein antichinesisch aufgerüstetes Taiwan fehlt es nicht. Sogar der Termin, 2025, wurde schon einmal bekannt gemacht. Das dürfte in Peking und Neu-Delhi sowie in zahlreichen anderen Metropolen für einiges Nachdenken sorgen. Auch wenn man sich zur Zustimmung zu der einen oder anderen Resolution erpressen lassen muss, de facto will sich hier niemand vor den maroden Washingtoner Kriegskarren spannen lassen. Die deutsche Performance löst da nicht gerade Begeisterungsstürme aus.

Angesichts dieser Lage stellt sich natürlich die Frage: Welche Perspektive wird das G20-Format zukünftig haben? Was können die Staaten der Eurasischen Kooperation und des globalen Südens hier erwarten? Man kommt an der harten Realität nicht vorbei, dass positive Ergebnisse, Stabilität, Wachstumsimpulse, Infrastrukturaufbau, Energie- und Nahrungsmittelsicherung am ehesten von Organisationen wie der Shanghai Cooperation (SCO), der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU), der Belt and Road Initiative (BRI), den ASEAN-Staaten oder nicht zuletzt den zukünftig erweiterten BRICS-Staaten zu erwarten ist.

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"Außer Spesen …", UZ vom 10. März 2023



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