Wahlprogramm für die Abgeordnetenhauswahlen beschlossen: AfD will Freiwillige Polizeireserve

Berliner AfD musste „nachsitzen“

Von nh

Die AfD in Berlin stellt sich auf die Abgeordnetenhauswahl im September ein, bei der sie 10 Prozent erreichen könnte. Noch Ende 2015 sah sie eine Forsa-Umfrage bei fünf Prozent. Bei den Europawahlen erreichte die AfD berlinweit aber immerhin 7,9 Prozent. Vor allem in den Problembezirken im Ostteil der Stadt haben die Rechten zugelegt – darunter im Hellersdorfer Wahlkreis 3 – einst eine Hochburg der Linkspartei.PDS bzw. der Partei „Die Linke“. Hier leben Menschen, die, selbst wenn sie Arbeit haben, meist nur wenig verdienen. Einige von ihnen unterstützten im vergangenen Jahr die Aktionen der Nazis und anderer Rassisten gegen die Flüchtlingsunterkünfte in Marzahn-Hellersdorf.

Im zweiten Anlauf beschlossen die Delegierten der Berliner AfD am vergangenen Sonntag ihr Wahlprogramm, das Mitte dieser Woche fertig gestellt sein soll. Georg Pazderski, Berufssoldat im Ruhestand und neben der Europaabgeordneten Bea-trix von Storch, Berliner Landesvorsitzender der AfD, ist ihr möglicher Spitzenkandidat. Doch das wird erst auf einem weiteren Parteitag, wahrscheinlich noch im April, beschlossen. 18 Jahre lang war Pazderski Oberst im Generalstab, zuvor drei Jahre in Brüssel, fünf Jahre in Florida. Er war im Kosovo und in Afghanistan. Er steht für „Recht und Ordnung“. Wie es in der „Berliner Zeitung“ hieß, sei er wie Beatrix von Storch ein „Nationalkonservativer“.

Vieles im Berliner AfD-Wahlprogramm ähnelt den Aussagen, die aus den bisherigen Landtagswahlprogrammen der Partei bekannt sind und teilweise auch in das noch zu beschließende AfD-Parteiprogramm einfließen werden: antisoziale Forderungen, Aussagen, die ein reaktionäres Frauen- und Familienbild kennzeichnen, Diskriminierung von Homosexuellen, antimuslimische Forderungen. Bereits im März, auf der 1. Tagung des Wahlparteitages, wurde – wenn auch knapp – ein Antrag für die Beibehaltung des Mindestlohnes abgelehnt. Ein „Begrüßungsgeld“ für neugeborene Kinder wurde ebenso abgelehnt wie das Recht von Frauen, selbst über Abtreibungen zu entscheiden. Gefordert wird ein Adoptionsverbot für Homosexuelle. Man ist zudem gegen die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften.

Die Berliner AfD will ein allgemeines Kopftuchverbot an Schulen und Hochschulen – auch für Schülerinnen. Man will die Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre herabsetzen.

Doch es gibt zudem einige Berliner Besonderheiten. So wird die Wiedereinführung der Freiwilligen Polizeireserve gefordert. Das ist besonders „pikant“, denn die war 2002 durch den Berliner SPD-PDS-Senat gegen den Willen der CDU, die damals in der Opposition war, abgeschafft worden. Die Mitglieder dieser Hilfstruppen trugen nicht nur eine spezielle Uniform, sondern im Dienst auch eine Waffe. Sie sollten die reguläre Polzei unterstützen und vor allem bei „politisch inszenierten“ Unruhen und „Angriffen auf Westberlin“ zum Einsatz kommen. Die Freiwillige Polzeireserve war in der „Frontstadt“ Westberlin vor allem ein Produkt des Kalten Krieges.

1993 hatte sich bei einer Überprüfung herausgestellt, dass rund 500 der insgesamt knapp 2 500 Mitglieder Neonazis oder Kriminelle waren.

Geht es nach den Delegierten der AfD, bekommt die Opernstiftung weniger Geld aus dem Stadtetat. Ebenfalls auf der Kürzungsliste der Partei stehen die Gelder für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Beatrix von Storch ist da wohl schon aktiv. Angeblich soll ihr, weil sie bereits jetzt die Zahlung der Rundfunkgebühren verweigert, das Konto gepfändet werden …

Und man ist nicht nur gegen die Legalisierung von Cannabis sondern auch gegen das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Aber die Kleingärten sollen bleiben.

Beim Thema Verkehr lehnte die AfD einen Antrag auf Kommunalisierung der Berliner S-Bahn knapp ab. Ferner sollen die „Vorteile einer Privatisierung“ des neuen Flughafens BER geprüft und der Airport Tegel als „Regional- und Regierungsflughafen“ offengehalten werden.

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"Berliner AfD musste „nachsitzen“", UZ vom 8. April 2016



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