Strafanzeige gegen Annalena Baerbock

Beschwerde der DKP gegen die Verfügung der Generalbundesanwaltschaft

DKP

Anzeige gegen die Bundesministerin für Auswärtige Angelegenheiten
Frau Annalena Charlotte Alma Baerbock
Ihr Aktenzeichen
Verfügung vom 18. April 2023, zugegangen am 3. Mai 2023

Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrte Frau Oberstaatsanwältin Schmitt,

Ihre Entscheidung, der unter dem 6. Februar 2023 erstatteten Anzeige insoweit keine Folge zu leisten, in dem Sie von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens absehen, ist hier am 3. Mai 2023 per Post zugegangen.
Wir gehen davon aus, dass Ihre Verfügung entsprechend § 152 Abs. 2 StPO getroffen worden ist, wonach unter Beachtung des Legalitätsprinzips die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dann unterbleibt, wenn aus rechtlichen oder/und tatsächlichen Gründen kein Anfangsverdacht gegeben ist. Es ist damit auch davon auszugehen, dass konkrete Ermittlungsschritte, z.B. eine Vernehmung der Beanzeigten oder die Einholung einer Stellungnahme nicht erfolgt sind
Gegen die vorbezeichnete Verfügung vom 18. April 2023 lege ich hiermit

Beschwerde

ein und ersuche gleichzeitig um Überprüfung der in der Verfügung gezogenen sachlich-rechtlichen Schlüsse.

Zur Begründung;

Vorbemerkung

Unter dem 6. Februar 2023 wurde um Prüfung ersucht, insbesondere wegen eines
Verstoßes gegen den Straftatbestand des Friedensverrats (§ 80a Strafgesetzbuch), ob
die Äußerung von Frau Annalena Baerbock, getätigt in ihrer Funktion als Ministerin für auswärtige Angelegenheiten,
des Wortlauts
„Deshalb habe ich kürzlich gesagt: Ja, wir müssen mehr tun, um die Ukraine zu schützen,
ja, wir müssen mehr tun, was die Panzer betrifft. Aber das Wichtigste und Entscheidendste
ist, dass wir es gemeinsam tun und nicht mit Schuldzuweisungen in Europa spielen, denn
wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander“
(Hervorhebung durch den Unterzeichner)
den benannten Straftatbestand erfüllt.

In der angefochtenen Verfügung, mit der eine Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt wird, führt die Generalbundesanwaltschaft aus: Die besagte Äußerung beinhalte keinen „anstachelnden Charakter“ im Sinne des § 80a StGB. Weiterhin wird erläutert, die benannte Äußerung der Außenministerin Baerbock könne sich schon deshalb nicht auf eine von der UN-Charta in Art. 2 Abs. 4 bezeichnete gewaltsame Aggressionshandlung (Angriffskrieg) beziehen, da im Kontext des Krieges in der Ukraine letztere ihr Selbstverteidigungsrecht gem. Art. 51 UN-Charta wahrnehme und mithin Staaten, wie die Bundesrepublik Deutschland, die die Ukraine in dieser Rechtswahrnehmung unterstützen, schon begrifflich nicht auf der Seite des Aggressors stehen können.

1.

Die Verfügung greift zu kurz und schöpft die Tatbestandsalternativen des § 80a StGB in Verbindung mit § 13 VStGB nicht aus. Die Verfügung ist insofern lückenhaft, als zwar die Tatbestandlichkeit des § 80a StGB, § 13 Abs. 2 Nr. 1 VStGB angesprochen wird, die naheliegende Tatbestandsalternative des § 80a StGB i.V. § 13 Abs. 2 Nr. 2 VStGB indes außen vor bleibt und auch vom Inhalt der angefochtenen Verfügung dem Sinne nach nicht erfasst wird.

Geschütztes Rechtsgut des § 80a StGB ist nach herrschender Meinung der Völkerfriede als übergeordnetes Schutzgut. Damit ist § 80a StGB wie letztlich auch seine Bezugsnorm § 13 VStGB unmittelbarer Ausfluss des Art. 26 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Diesem weit gespannten Bogen des Friedensschutzes folgen in ihrer Tatbestandsformulierung auch § 80a StGB wie auch § 13 VStGB.

In § 13 Abs. 2 VStGB heisst es:

„(2) Wer einen Angriffskrieg oder eine sonstige Angriffshandlung im Sinne des Absatzes 1 plant, vorbereitet oder einleitet, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft. Die Tat nach Satz 1 ist nur dann strafbar, wenn
1.
der Angriffskrieg geführt oder die sonstige Angriffshandlung begangen worden ist oder
2.
durch sie die Gefahr eines Angriffskrieges oder einer sonstigen Angriffshandlung für die Bundesrepublik Deutschland herbeigeführt wird.
(3) Eine Angriffshandlung ist die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat.
(4) Beteiligter einer Tat nach den Absätzen 1 und 2 kann nur sein, wer tatsächlich in der Lage ist, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken“.

Die Ausführungen der Generalbundesanwaltschaft in der angefochtenen Verfügung erschöpfen sich in der Prüfung eines Anfangsverdachts hinsichtlich gem. § 80a StGB in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Nr.1 VStGB. Diese Konstellation meint allerdings nur den Fall, dass sich das Aufstacheln auf einen möglichen Aggressionsakt bezieht, der von Deutschland ausgehen müsste und einen oder mehrere andere Staaten als (potentielle oder tatsächliche) Opfer betrifft.

In der Verfügung nicht erörtert ist die Konstellation des § 80a StGB in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Nr.2 VStGB. Hier geht es um eine aufstachelnde Äußerungen, die geeignet sind, einen anderen Staat zu Handlungen zu provozieren, die in § 13 VStGB näher beschrieben sind. Es geht darum, dass durch eine bestimmte Äußerung vornehmlich eines deutschen Staatsbürger oder einer Staatsbürgerin ein fremder Staat zu Mitteln zu greift, die generell dem Gewaltverbot der UN-Charta zuwider laufen und eine Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland heraufbeschwören.

Die vorgelegte Anzeige nahm deshalb im tatsachendarstellenden Teil nicht etwa nur auf „innerdeutsche“ Reaktionen in Politik, Presse und anderen Medien Bezug, sondern gerade auch darauf, was auf internationaler Ebene kommentiert und artikuliert wurde, insbesondere was die Reaktion russischer Regierungskreise und der dortigen Öffentlichkeit auf die besagte Äußerung der Außenministerin betraf.
(statt unzähliger Medienberichte verweise ich exemplarisch auf den ZDF-Bericht vom 27.01.23

„Nach “Krieg gegen Russland”-Satz : Wie Kreml-Propaganda auf Baerbock reagiert“
von Nina Niebergall
(https://www.zdf.de/nachrichten/politik/baerbock-erklaerung-krieg-russland-propaganda-ukraine-100.html)

die Berichterstattung beim Nachrichtensender NTV vom gleichen Tage

„Russland fordert Erklärung, Baerbock fliegt Kriegs-Aussage um die Ohren“.

(https://www.n-tv.de/politik/Baerbock-fliegt-Kriegs-Aussage-um-die-Ohren-article23874295.html)

sowie den Korrespondentenbericht aus Moskau auf der You-Tube-Seite der WELT
„PUTINS KRIEG: Russen schäumen vor Wut! Drei Worte von Annalena Baerbock lösen einen Eklat aus“
(https://www.youtube.com/watch?v=g1dy9eM_SFE)

In den zitierten Quellen steht nicht nur im Mittelpunkt, wie die russische Öffentlichkeit oder die russischen Medien die Aussage der Außenministerin aufgenommen haben, sondern insbesondere auch wie die Regierung der russischen Föderation, namentlich ihre Sprecher Dmitri Peskow und Maria Sacharowa reagiert haben, also um regierungsamtliche Stellungnahmen.
In diesem Kontext ist hinsichtlich der Erfassungsbreite des Tatbestands des § 80a StGB nochmals – wie bereits in dem Anzeigeschriftsatz selbst näher erläutert – hervorzuheben:

a)
§ 80a StGB dient im Verhältnis zu § 13 VStGB zur Kriminalisierung des Vorfelds. Es geht der Norm nicht darum, dass tatsächlich ein Fall vorliegt, in dem ein „Angriffskrieg oder eine sonstige Angriffshandlung“ geplant, vorbereitet oder eingeleitet worden ist oder demnächst eingeleitet, geplant oder vorbereitet wird, sondern darum, dass eine bestimmte Äußerung hierzu eine Bedingung zur Auslösung einer Gefahr setzt.
§ 80a StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt und es „bedroht die erfolglose intellektuelle Vorbereitung“ (Fischer, StGB, 2023, § 80a Rn. 2) mit Strafe.
b)
Täter kann jeder sein. Anders wie § 13 Abs. 4 VStGB beschränkt die Norm des § 80a StGB die mögliche Täterschaft nicht nur auf Personen mit politischer oder militärischer Lenkungsmacht. Für die Tatbestandsauslegung des § 80a StGB folgt damit im Umkehrschluss, dass eine mögliche Handlung des Aufstachelns durch eine Person, die über politische Lenkungsmacht verfügt, wie dies im Falle von Ministern des Äußeren regelmäßig der Fall sein wird, umso schwerer wiegt, als wenn eine politisch oder militärisch nicht eingebundene Person die fragliche Äußerung vorgenommen hätte. Auch für die Frage der subjektiven Tatseite ist dies von Bedeutung, da bei politisch aktiven Personen, zumal wenn sie mit Leitungsfunktion ausgestattet im Brennpunkt medialen Interesses stehen, regelmäßig davon auszugehen sein wird, dass Worte nicht unbedacht gewählt, sondern politisch akzentuiert auch willentlich und bewusst gesetzt werden.

c)
Eine Würdigung des § 80a StGB in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Nr.2 VStGB hatte losgelöst von der Frage, ob Deutschland in seinem sanktionsrechtlichen Engagement auf EU-Ebene oder durch Waffenlieferungen an eine der Kriegsparteien auf der Seite eines Verteidigers (Art. 51 UN-Charta) oder eines Aggressors (Art 2 Nr. 4 UN-Charta: „Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt. ), zu erfolgen.
Ohne dass dies eines Nachweis des tatbestandlichen Erfolgs bedürfen würde, zeigen die Reaktionen auf Seiten der russischen Föderation, welchen friedenstörenden Gehalt (bezogen auf das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation) die Äußerung der Außenministerin gehabt hat. Der provokative Charakter an die Adresse der Russischen Föderation wog dabei umso schwerer, als bekanntermaßen das „Überschreiten roter Linien“ ohnehin schon seit mehr als einem Jahr Dauerthema in der deutschen, wie auch internationalen, Öffentlichkeit ist.
Zu § 80a StGB in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Nr. 2 VstGB verhält sich sich die Verfügung der Generalbundesanwaltschaft nicht.

2.

In einem obiter dictum ist in der Verfügung davon die Rede, der besagten Äußerung der Außenministerin fehle der „anstachelnde Charakter“. Für eine Darstellung des Unterschiedes zwischen „Anstacheln“ und „Aufstacheln“ (sowohl § 80a StGB wie auch § 13 VStGB sprechen allein von „Aufstacheln“) ist hier kein Platz, ein Streit hierüber ist müßig. Entscheidend ist, was das Tatbestandsmerkmal tatsächlich aussagen soll. In der einzig vorhandenen gerichtlichen Entscheidung hierzu (LG Köln NStZ 261) wird von einem auf die Gefühle des Adressaten abzielenden Anreizen gesprochen. „Aufstacheln“ ist damit in jedem Fall von seiner Bestimmungsmacht für Dritte niederschwelliger als die Anstiftung (§ 26 StGB). Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die umfangreiche Darstellung zu diesem Thema in der Anzeigeschrift verwiesen.
Was der frühere Richter am Bundesverwaltungsgericht, Dieter Deisenroth, für die Auslegung des § 13 VStGB feststellt, gilt daher umso mehr für die Vorfeldbestrafung des § 80a StGB:
„Nach dem Verfassungsbefehl des Art. 26 Abs. 1 GG sind bereits alle Handlungen, die „geeignet“ sind und in der Absicht vorgenommen werden, „das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten“, verfassungswidrig und unter Strafe zu stellen. Eine „Eignung“ (sowie eine entsprechende Absicht) für die Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker, insbesondere zur Vorbereitung (und erst Recht zur Auslösung) eines Angriffskrieges reicht aus. Es kommt nach der Verfassungsvorschrift nicht darauf an, ob es zur Auslösung und Führung eines Angriffskrieges im Anschluss an ein solches Verhalten auch tatsächlich kommt, ob ein solcher Angriffskrieg also auch stattfindet“.
(Deisenroth, in: „Vorgänge“, 2017, S. 95 ff.)

Nach einhelliger Auffassung kommt es daher nicht darauf an, ob eine Wirkung tatsächlich erzielt wurde, sondern lediglich darauf, dass die Äußerung dazu „geeignet“ war, eine entsprechende Gefahr zu evozieren. Einen treffenderen Beweis als das internationale Echo auf die Äußerung der Außenministerin kann es nicht geben.
Zu ergänzen ist: § 80a StGB bezieht sich als Strafnorm auf das Vorfeld des § 13 VStGB, sie umschreibt das eigentlich Deliktische als Unternehmen einer bestimmten Handlung. Damit ist verbunden, dass Rücktritt und/oder tätige Reue für die Auslösung des tatbestandlichen Unrechts und die Frage der Geeignetheit zur Gefahrschaffung keinen Platz haben. Es ist damit unerheblich, ob die Außenministerin von ihrer Äußerung ganz oder teilweise abgerückt ist.
Zumal dann nicht, wenn ein solches Abrücken erst einen Monat nach der Äußerung erfolgt ist (und „die Wogen sich schon geglättet“ hatten).
Dogmatisch und für die Realisierung des Tatbestandes des § 80a StGB kann daher dahinstehen, wie die Außenministerin sich späterhin positioniert hat: „Sind nicht im Krieg mit Russland“: Baerbock im tagesthemen-Interview
23.2.23, (https://www.youtube.com/watch?v=8JvSGJ6QEYI).

Nach allem ist die in der angefochtenen Verfügung vorgenommene rechtliche Würdigung lückenhaft. Im Sinne des Lagalitätsprinzips war eine auf alle Tatbestandsalternativen des § 80a StGB Erörterung zu erwarten. Einer weiteren Erklärung wird daher entgegen gesehen.



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